Nichts für Nachzügler: Warum das Metaversum ernst zu nehmen ist

Gastautor Dalibor Karacic rät Unternehmen, sich schon jetzt zu überlegen, welche Auswirkungen das Metaversum auf die eigenen Geschäftsfelder haben wird. Seine Agentur  Jetstream Marketing bereitet sich vor.

Fährt man heute U- oder S-Bahn, gehören Menschen, die auf ihren Smartphones herumtippen und -wischen zum Normalbild. Vor diesem Hintergrund kann man sich kaum vorstellen, dass Smartphones aus unserem Alltagsbild bald verschwunden sein werden – abgelöst durch VR-Brillen, beziehungsweise xR-Brillen („Extended Reality“). Das, was für viele unrealistisch klingt, liegt in gar nicht so ferner Zukunft. Wir sind aktuell Zeugen, wie sich bald zwei Strömungen vereinigen und unsere Welt nachhaltig verändern werden, wie es die Kombination aus Smartphone und Social Media bereits getan hat: Die Rede ist von Virtual Reality und dem Metaversum (engl. Metaverse).

Mit Virtual Reality sind Unternehmen schon seit 2014 bemüht, ein breites Publikum zu adressieren – bisher ohne nennenswerten Erfolg. Das Metaversum erntet seit den Ankündigungen von Mark Zuckerberg Ende Oktober 2021 nicht gerade wenig Kritik und gar Spott. Die visionäre Kraft des zukunftsweisenden Vorhabens wird zwar ebenfalls gesehen, aber es werden vielmehr die negativen Aspekte betont und Zuckerberg sieht sich ordentlichem Gegenwind gegenüber. Von einer Verzweiflungstat, einem Ablenkungsmanöver von den täglichen Facebook-Problemen oder Liebhaberei wird dabei gesprochen.

Kann ausgerechnet aus zwei Kräften, die sich offenbar eher holprig entwickeln etwas entstehen, das unsere Welt verändert? Ja, und das bald. Denn während Experten debattieren, wie die Chance stehen, werden parallel Mechanismen in Gang gesetzt, die daraus eine unausweichliche Entwicklung machen. Die Geschichte könnte neu geschrieben werden. Die Tragweite dieser Disruption übersteigt alles bisher Dagewesene um ein Vielfaches. Es wird wie immer Gewinner, aber auch viele Abgehängte geben. Das Ergebnis wird sicher extremer ausfallen als dies bei den letzten Technologiesprüngen der Fall war.

Die Weichen werden auf Zukunft gestellt

Die ersten Big Brands wagen den Schritt in das Metaversum – siehe das schwedische Textilhandelsunternehmen H&M. Große Marken wie diese, haben nichts zu verlieren. Im Gegenteil, sie können eine umfangreiche Berichterstattung für sich verbuchen und schnell erste Erfahrungen sammeln. Durch den Eintritt bekannter Unternehmen in das Metaversum entsteht ein regelrechter Sog und weitere werden folgen.

Der Innovationsdruck hat für Unternehmen mittlerweile ungeahnte Ausmaße angenommen. Dies zieht wiederum Consultants, Dienstleister und Coaches an, die diese Dynamik über Content-Marketing-Initiativen forcieren. Auf diese Weise wird es massentauglich. Dann heißt es von allen Seiten „besuchen Sie uns im Metaversum“, ähnlich wie früher „besuchen Sie uns in Second Life“ oder noch heute „besuchen Sie uns auf Facebook“. Doch welchen Weg wird das Metaversum beschreiten?

Kann es mit nur einem begrenzten Nutzen für die User aufwarten, wird es nicht mehr als ein Hype und nach gewisser Zeit wieder verschwinden. Für die Big Brands fiel ein schöner PR-Effekt ab und bestenfalls eine interessante Lektion. Vergleichbar mit Pokémon Go oder Clubhouse. Hat das Metaversum jedoch einen großen Nutzwert, wird es diese Ebene verlassen, damit für die Allgemeinheit zugänglich und akzeptiert und die technologischen Entwicklungen weiter beschleunigen – wie es bei Social Media und dem Smartphone der Fall war.

Das Metaversum ist gekommen, um zu bleiben

Die Zeichen für einen bahnbrechenden Erfolg stehen sehr gut. Das Metaversum hat das nötige Potenzial eine riesige Veränderung herbeizuführen. Dafür sprechen unter anderem die gewaltigen Investitionen von Tech-Giganten wie Apple, Meta (Facebook) oder Microsoft. Allein Meta hat 2021 angeblich rund 10 Milliarden US-Dollar investiert und Microsoft bereitet sich auf für die Zukunft der immersiven Realität unter anderem mit dem Kauf von Activision Blizzard vor. Analysten-Schätzungen zum Marktvolumen untermauern dies: Bloomberg Intelligence schätzt das weltweite Metaverse-Marktvolumen bis 2024 beispielsweise weltweit auf rund 800 Milliarden US-Dollar. Für VR und AR sieht PricewaterhouseCoopers (PwC) das Potenzial, das BIP weltweit bis 2030 um bis zu 1,5 Billionen US-Dollar zu steigern.

Doch Investitionen allein sind keine Erfolgsgaranten. So wird die verbesserte Virtual-Reality-Hardware und -Software einen wesentlichen Beitrag leisten. Nicht nur, dass VR-Brillen leichter, bequemer und preisgünstiger geworden sind. Auch Kinderkrankheiten, wie häufig auftretende VIMS (Visually Induced Motion Sickness), also Übelkeit, ausgelöst durch die Zeitverzögerung zwischen der Bewegung des Kopfes in der realen und der virtuellen Welt, wurde durch den technischen Fortschritt drastisch vermindert. Nicht zu vergessen die technischen Neuerungen der letzten drei Jahre: VR-Brillen sind mobiler, also kabellos und nicht mehr rechnergebunden. Dies bietet völlig neue Anwendungsgebiete für Virtual Reality und damit auch das Metaversum. Ergänzend werden die Darstellungsmöglichkeiten der virtuellen Welt immer fotorealistischer, wie unter anderem einige menschliche Avatare (siehe auch Virtuelle Influencer) bereits nachdrücklich beweisen. Die zunehmende Qualität des VR-Erlebnisses erhöht den Nutzwert für eine breitere Zielgruppe.

Wesentlichen Gründe für den zu erwartenden Erfolg des Metaversums sind mit Sicherheit auch technologische Aspekte wie die wachsende Bandbreite, zunehmende Speicherkapazitäten oder 5G. Ergänzende Faktoren, die den Aufbau des Metaversums ebenfalls befeuern, sind sich verändernde Lebensumstände, wie die Verbreitung des Homeoffice oder bessere Erreichbarkeit von breiten Nutzergruppen, beispielsweise via Social-Media-Communitys. Der wachsende Markt an IT-Dienstleistungen und Service Providern trägt ebenso zur Entwicklung bei, wie die Blockchain-Technologie, die Transaktionen in der virtuellen Welt ermöglicht, seien es rechtliche oder Bezahlvorgänge.

Challenges wie nie zuvor

Die Erfahrungen aus dem Second Life der 2000er haben bereits gezeigt, welche Chancen und Risiken die virtuelle Welt birgt. Second Life wirkt im Vergleich zum geplanten Metaversum allerdings wie ein Kindergarten-Projekt – denn die Komplexität ist nun eine völlig andere. Themen rund um Urheberschaft, Währung(en), Umgang mit Kriminalität oder die Versteuerung von virtuellen Einnahmen (durch Verkauf, Vermietung etc.) sind exemplarisch zu nennen. Diese Aspekte gilt es grundlegend zu diskutieren und möglichst einheitlich festzulegen. Gesetzliche Rahmenfaktoren müssen ebenso geschaffen werden, wie ethische.

Darüber ist nicht zu vergessen, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle neu bewerten sollten: bestehende müssen in die virtuelle Welt übertragen oder entsprechend erweitert werden. Damit einhergehend sind neue Sales- und Marketing-Strategien gefordert. Beispielsweise muss das seit der Corona-Pandemie bestehende hybride Eventmanagement um eine weitere Dimension ergänzt werden. Markenwelten gewinnen so erneut an Komplexität und erfordern ein neues Denken – nicht nur von von PR-, Marketing- und Sales-Experten.

Die Devise für das Metaverse: bloß nicht abhängen lassen!

Die bisherige Digitale Transformation in unserer Gesellschaft hat gezeigt, dass manche Marktteilnehmer sich sehr schwer tun, auf Veränderungen zu reagieren. Denn schon mit Social Media hatten – und haben immer noch – viele Unternehmen ihre Schwierigkeiten. Auch wenn ein Gros nun geübt im Umgang mit der digitalen Welt ist, muss die Lernkurve beim Metaversum schneller sein, da immense technologische Hürden zu nehmen sind, die die Kluft zwischen First Movern und Nachzüglern dramatisch vergrößern werden.

Es ist klar, dass das Metaversum nicht von heute auf morgen mit all seiner Komplexität entstanden sein wird. Die oben beschriebenen Gründe deuten es aber bereits an: es kann im großen Stil schneller Realität werden als man es bei so komplexen Entwicklungen bisher erwartet hat. Bedenkt man zudem, dass gewaltiges Know-how benötigt wird, um sich in diesem neuen Universum zu etablieren und langfristig zu behaupten, wird schnell klar, dass man sich zeitnah intensiv damit auseinandersetzen und Expertise aufbauen sollte, möchte man an dieser bahnbrechenden Entwicklung partizipieren.

Der Startschuss wurde gegeben. Nun gilt es für Unternehmen ihr Mindset auf die virtuelle Welt zu erweitern, wenn sie zukunftsfähig bleiben möchten. Denn das Metaversum ist viel mehr als das Hirngespinst einzelner Tech-Enthusiasten wie Mark Zuckerberg. Es wird die Welt, wie wir sie bisher kennen, nachhaltig verändern.


Über den Autor

Dalibor Karacic hat bereits in den 2000er-Jahren Unternehmen durch das Second Life navigiert und beschäftig sich seit über zwei Jahrzehnten mit Virtual, Augmented und Mixed Reality. Er ist Gründer und Geschäftsführer von JETSTREAM Marketing, einer Marketingagentur spezialisiert auf komplexe B2B-Branchen (IT, Consulting, Kanzleien). Zusammen mit VR Dynamix, einer auf Virtual Reality spezialisierten Agentur, hat er 2019 die VR-Marketing-Group ins Leben gerufen. Das Joint Venture bietet Unternehmen VR-Marketing aus einer Hand.


Weitere Informationen unter:

https://jetstream-marketing.com/
https://vr-marketing-group.com/

Aufmacherbild: Lizenz / Quelle Adobe Stock zur Verfügung gestellt von Jetstream Marketing

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