New Work: Arbeitsplatzorganisation der Zukunft

Dies ist ein Gastbeitrag von Thomas Hartenfels und Thomas Hoffmann, Directors der internationalen Personalberatung Robert Walters

Die Digitalisierung sorgt für eine riesige Transformation der Arbeitswelt und schafft die technologischen Grundlagen der Arbeit 4.0. Sie verändert Wirtschaft und Arbeit radikal und hat bereits heute weite Teile des täglichen Lebens durchdrungen, denn über 80 Prozent der Beschäftigten in Deutschland nutzen aktuell digitale Informations- und Kommunikationstechnologien im Job. Anhand verschiedener Prognosen, Studien und Erfahrungswerte lässt sich ableiten, welche Trends Arbeitgeber und Berufstätige dabei nachhaltig beschäftigen werden.

So verändert New Work die Arbeitsplatzorganisation

Der Fachkräftemangel und Kampf um die besten Talente geht auch 2020 weiter. Dadurch öffnen sich viele Unternehmen und Personalverantwortliche für flexiblere Arbeitszeitmodelle, um die besten Kandidaten für sich zu gewinnen. Unternehmen haben inzwischen verstanden, dass es wichtig ist, Mitarbeiter mit Laptop und Firmenhandy auszustatten, ihnen Freiheiten zu gewähren und dabei trotzdem den Unternehmenserfolg nachhaltig zu steigern. So nehmen Modelle wie Teilzeit, Home Office oder Desk-Sharing weiter an Bedeutung zu.

In dem Zusammenhang hört man immer öfter den Begriff “New Work”. Darunter wird klassischerweise die Arbeitsweise der Zukunft verstanden, die aber längst keine Zukunftsmusik mehr ist. Viele Unternehmen folgen mit der Unternehmenskultur bereits zunehmend einer New Work Philosophie. Klassischerweise sind junge und moderne Startups die Vorreiter solcher Entwicklungen, doch machen sich die Veränderungen auch in zahlreichen anderen Unternehmen bemerkbar.

New Work verspricht viel und Arbeitgeber schreiben es sich auf die Fahnen, um Talente und qualifizierte Fach- und Führungskräfte anzulocken. Richtig umgesetzt, bringt New Work eine ganze Reihe von Vorteilen für Mitarbeiter. Diese reichen von der Digitalisierung in nahezu jedem Bereich bis hin zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und Kreativität, die im Vordergrund steht.

Dezentrales Arbeiten wird ermöglicht

In der New Work ist räumliche Nähe nicht mehr erforderlich, um im Team produktiv zu sein. Was heute nicht mehr wegzudenken ist, war vor nicht allzu langer Zeit noch kaum vorstellbar. Gerade bei internationalen Unternehmen und in großen Projekten ist es inzwischen Normalität geworden, dass Mitarbeiter über den gesamten Globus verteilt sind. Auch die Arbeit aus dem Homeoffice wird immer mehr Mitarbeitern gewährt, wodurch dezentrales Arbeiten weiter zunimmt. Dadurch ist ein effektiveres, konzentrierteres Arbeiten möglich und geringere Anfahrtswege zur Arbeitsstätte bringen außerdem eine Zeitersparnis.

Arbeitsplätze werden neu gedacht

Digitale Technologien des New Work Ansatzes sind äußerst flexibel und ermöglichen Mitarbeitern mobiles und selbstbestimmtes Arbeiten, ohne an feste Zeiten und Orte gebunden zu sein. Der Fokus liegt auf der Zielerreichung und weniger auf dem Weg zum Ziel. Wenn die Arbeit ortsunabhängig wird, benötigen Unternehmen nicht mehr zwangsläufig Büroräume für alle Mitarbeiter. Arbeitsplätze werden natürlich nicht komplett wegfallen, schließlich sind sie eine wichtige Anlaufstelle und dienen dem Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen. Doch verändert sich die Gestaltung des Arbeitsplatzes in der New Work deutlich. Hier wird von New Workspace geredet, der mit traditionellen Büroräumen nicht mehr viel gemeinsam hat. Keine tristen Arbeitsplätze und Büros, stattdessen flexible Bürolandschaften, die verschiedensten Zwecken dienen: Ruhezonen für konzentriertes Arbeiten, Telefonboxen für ungestörte Gespräche oder offene Bereiche für den gemeinsamen Austausch mit den Kollegen.

Größere Freiräume und Einflussmöglichkeiten

Während bei alten Arbeitsweisen klare Anweisungen und Hierarchien die Regel waren, rückt im New Work die Eigeninitiative von Mitarbeitern in den Fokus. Das Motto lautet: Weg von strikten Vorgaben, hin zu selbstständigem Handeln und Entscheiden. Das bedeutet, dass Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen müssen und nicht nur darauf warten können, Anweisungen zu verrichten. New Work ermöglicht damit genau das, was sich viele Arbeitnehmer wünschen. Der Chef guckt nicht ständig auf die Finger, sondern lässt Mitarbeitern Entscheidungsfreiräume. So können Arbeitnehmer sich besser entfalten, aber auch gezielt einbringen, Verantwortung tragen und selbstständige Entscheidungen treffen, um das Unternehmen voranzubringen.

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die zunehmenden Freiheiten von Mitarbeitern führen dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben mehr und mehr miteinander verschwimmen. Das wird gerne kritisiert, muss aber nicht negativ sein. Denn im besten Fall führt dies zu einer größeren Work-Life-Balance, in der das Arbeitsleben keine Belastung, sondern einen wichtigen und geschätzten Teil des Lebens einnimmt. Durch dezentrales Arbeiten wird eine Familienplanung einfacher und gerade berufstätige Eltern können die Möglichkeiten nutzen, um die Arbeitsweise an die Doppelbelastung mit einem Kind anzupassen. Damit bietet sich Unternehmen vor allem die Möglichkeit mehr weibliche Fach- und Führungskräfte für sich zu gewinnen.

Transparente Kommunikation, Teamgedanke und Ideenaustausch

In der New Work wird nicht in Hierarchien kommuniziert, bei denen der Chef vorgibt, was gemacht wird und Mitarbeiter entsprechend ausführen. Stattdessen wird eine transparente Kommunikationsstruktur etabliert, die für einen offenen Austausch sorgen soll. Meinungen werden berücksichtigt, Einwände geprüft, Ideen ausgewertet und gegenseitig ergänzt. Selbst wenn dezentral gearbeitet wird und nicht alle gemeinsam im Büro sitzen, kann New Work zu einer stärkeren Gemeinschaft führen und das Zusammenarbeiten verbessern. Es arbeitet nicht jeder für sich an den eigenen Aufgaben, sondern der Teamgedanke steht im Vordergrund. Mitarbeiter können, wenn sie im gleichen Raum sitzen, nicht einfach nur effizient sein, sondern neue Ideen entwickeln. Sogar aus Eigenbrötlern können im Großraumbüro so kommunikative Teamplayer werden.

Herausforderungen und Kritik an New Work

New Work wird oft als Lösung angepriesen, die alles erneuert, was in der Arbeitswelt nicht gut funktioniert. Modern, flexibel mit Blick auf den Mitarbeiter und dessen Zufriedenheit – zusätzlich soll die neue Arbeit auch noch die Produktivität und Effizienz steigern und bessere Ergebnisse hervorbringen.

Neben allen Vorteilen und allem Fortschritt in Sachen Digitalisierung gibt es aber auch eine ganze Menge Herausforderungen. New Work verlangt eine sehr gute Organisation und Koordination, um die Bedürfnisse aller Mitarbeiter unter einen Hut zu bringen. Fehlt es an Organisation, Struktur und Absprachen, kann New Work im Chaos enden.

So stört es Arbeitnehmer außerdem, dass die Technologien oft nicht funktionieren, wie sie sollten, oder zu viele Informationen auf zu vielen Kanälen fließen. Mitarbeiter, die nicht von Haus aus eine Affinität zu Technologien, wie Office 365 oder G-Suite, haben, werden es mit New Work Methoden schwer haben.

Ein weiterer Punkt ist die Verschmelzung von Arbeit und Privatleben. Im Gegensatz zu den Befürwortern, glauben Kritiker, dass es für Mitarbeiter zunehmend schwieriger wird, diese beiden Bereiche zu trennen und wirklich von der Arbeit abzuschalten. Erreichbarkeit rund um die Uhr und kein wirklicher Feierabend könnten allerdings Folgen der deutlich größeren Flexibilität in der New Work sein.

Für viele Mitarbeiter ist Homeoffice sehr attraktiv. Andererseits besteht die Gefahr, vom Informationsfluss und vom Team abgeschnitten zu werden. Das Homeoffice kann auch die Einzelkämpfermentalität fördern. Auch hier blicken Kritiker durch eine andere Brille als die Befürworter. Es ist daher sinnvoll, Arbeitsplätze nicht komplett in das Zuhause der Beschäftigten zu verlegen, sondern dies auf einige Tage zu beschränken, denn die gesunde Mischung macht es aus.

Die vielleicht größte Kritik besteht darin, ob New Work Unternehmen wirklich erfolgreicher macht. Mitarbeiter in den Fokus zu rücken, ist auf der einen Seite durchaus sinnvoll und sorgt für Motivation und Zufriedenheit – New Work vergisst dabei aber den Blick auf die Marktsituation und die Kunden. Ein Unternehmen ist erfolgreich, wenn es die Erwartungen von Kunden erfüllt. Ist das nicht der Fall, sind Mitarbeiter dank New Work zwar glücklich – wenn beispielsweise die Performance nicht stimmt und deshalb die Umsätze einbrechen, ist das für das Unternehmen allerdings wenig erfreulich.

Richtige Planung neuer Arbeitsprozesse

Aber für welche Unternehmensform sind flexible Arbeitsmodelle nun möglich und sinnvoll? Voraussetzung für die Nutzung ist zunächst der Wunsch und Wille auf Unternehmens- und Arbeitnehmerseite, neue Prozesse und Arbeitsweisen auszuprobieren. In jedem Fall ist es wichtig, Veränderungen grundsätzlich offen und positiv gegenüberzustehen. Dabei geht es darum, Wege zu finden, die Interessen der Arbeitnehmer und die Unternehmensziele in Einklang zu bringen und gleichermaßen zu erfüllen.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, können diese Modelle theoretisch in kleinen und mittelständischen Unternehmen, wie auch in Großkonzernen umgesetzt werden. Allerdings kommen nicht grundsätzlich alle Arbeitszeitmodelle für jedes Unternehmen oder jeden Arbeitnehmer in Frage. Die Modelle müssen zur Unternehmensstruktur und den Bedürfnissen der Mitarbeiter passen.

Besonders wichtig ist, bei einem solchen Projekt die Mitarbeiter von Anfang an in die Planung einzubeziehen. Ein neues Arbeitsplatzkonzept kann nur funktionieren, wenn es in den Augen der Belegschaft Sinn macht.

Noch vor der konkreten Planung, sollten Unternehmen daher mithilfe von Brainstormings, Workshops und Umfrage-Tools über mehrere Wochen hinweg identifizieren, welchen Bedarf es bei den Mitarbeitern gibt, etwas an den Arbeitszeitmodellen zu ändern. Daraus lässt sich beispielsweise die Anzahl und Dauer von Meetings und Telefonaten ermitteln. Mitarbeiter können zudem befragt werden, wie sie sich ihren idealen Arbeitsplatz in der Zukunft vorstellen. Gemeinsam wird so Stück für Stück das Konzept für einen neuen, durchdachten Multi-Space erarbeitet. Positiver Nebeneffekt: Können Mitarbeiter bei der Integration neuer Prozesse selbst mitgestalten, unterstützt das zusätzlich deren Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit.

Cloud, Remote Desktop, Daten-Flatrates: Die technischen Voraussetzungen sind heute günstiger denn je für das Arbeiten von zu Hause und unterwegs. Mit neuen Technologien kommen neue Chancen und Möglichkeiten für Unternehmen, aber auch Stolpersteine.

Flexible Arbeitsplatzmodelle ermöglichen den Arbeitnehmern, Job und Familie besser zu koordinieren. Es kann aber auch zu Ablenkung führen und die Leistung negativ beeinflussen. Damit das nicht passiert, muss mehr geplant werden. Bei aller Planung und Koordination, ist aber nicht zu verkennen, dass digitale Technologien die Mitarbeiter bei Routineaufgaben massiv entlasten, sodass diese sich verstärkt auf qualitative Aufgaben konzentrieren können, die meist auch ortsunabhängig erledigt werden können.

Unternehmen sollten in Zeiten des Fachkräftemangels auf jeden Fall die Chance nutzen, mit attraktiven, flexiblen Arbeitszeitmodellen bestehendes Personal zu binden und dringend benötigte neue Mitarbeiter zu gewinnen. Unternehmen, die verstehen, dass es wichtig ist, Mitarbeitern Freiheiten zu gewähren und dabei trotzdem den Unternehmenserfolg nachhaltig zu steigern, sind für die zukünftige Transformation der Arbeitswelt bestens aufgestellt.

Über Thomas Hoffmann

Thomas Hoffmann leitet den Standort Hamburg der internationalen Personalberatung Robert Walters. Mit seinem Expertenteam vermittelt er kompetente Fach- und Führungskräfte in Festanstellung sowie auf Interimsbasis auf allen Managementebenen im Finanz- und Rechnungswesen und in der IT. Direkt nach Abschluss seines Wirtschaftsrechtsstudiums mit dem Schwerpunkt Personal im Jahr 2005, startete er seinen beruflichen Weg in der Personaldienstleistung und ist seit 2018 Teil des Teams von Robert Walters.

Über Thomas Hartenfels

Thomas Hartenfels ist Director der internationalen Personalberatung Robert Walters und leitet dort die Standorte Düsseldorf und Köln. Thomas ist seit zehn Jahren als internationaler Personalberater tätig und ist spezialisiert auf die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften. Thomas leitet Recruiting Teams in den Bereichen Accounting & Finance, Human Resources, Sales & Marketing, Interim Management, Procurement & Supply Chain Management sowie IT.

Weitere Informationen unter:
www.robertwalters.com