Mit Bots zum Lernerfolg

Im Hintergrundgespräch mit der Redaktion erläutert Beate Bruns, Geschäftsführerin der time4you GmbH, warum Bots gefragter denn je sind.


  
Frau Bruns, was bedeutet heute „Conversational Learning“?
Unter Conversational Learning (kurz: C-Learning) verstehe ich eine dialogorientierte KI-gestützte Lernanwendung. Wenn Sie zum Beispiel mit einem Chatbot interagieren, um etwas zu erfragen, etwas Neues zu lernen und zu trainieren, ist der Chat- oder Lernbot Ihr Sparringspartner, der Sie mit Expertise unterstützt.Ein anderes Beispiel: der Chatbot als Lern-Buddy, dem der/die Lernende in einem ungewöhnlichen Setting im Rahmen einer Zeitreise oder in einem virtuellen Labyrinth dabei hilft, Probleme und Aufgabenstellungen zu bewältigen. Das ist die spielerische Form des Conversational Learning, verwandt mit Escape-Room- und Adventure-Szenarien und der Interactive Fiction. Im Unterschied zu klassischen E-Learning-Anwendungen ist die Interaktion mit einem Lernbot viel stärker vom Nutzer gesteuert, im Idealfall zu 100 Prozent adaptiv – die Lernenden sind aktiver im Lernprozess, was in der Regel zu besseren Lernerfolgen führt.

Wieviel „Know-how“ brauchen Unternehmen, um ihren eigenen Lernbot zu implementieren?
Das wird klarer, wenn Sie sich ein Lernbot-Projekt vor Augen führen. Wie läuft das ab? Ganz zentral ist das Briefing: hier definieren Sie den sogenannten Use-Case. Sie klären Bedarf, Ziele und Nutzen, identifizieren die Zielgruppe und legen die organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen der Anwendung fest. Im zweiten Schritt gestalten Learning-Designer die Bot-Persona und konzipieren Inhalte, Ästhetik, Interaktion und – ganz entscheidend – den Dialog. Sie stellen sich Fragen wie: Will ich Lernhäppchen zu Künstlicher Intelligenz anbieten oder ein komplexes Thema in F/E oder Produktentwicklung bearbeiten?  In welchem Umfang soll der Bot Impulse der Lernenden aufnehmen? Ist der Lernassistent nur für bestimmte Aufgaben geeignet oder ein Generalist? 

Auf dieser Grundlage füttern die Learning-Designer mit Hilfe des jeweiligen KI-Tools die Conversational-Learning-Anwendung – der Lernbot nimmt Gestalt an. Zum Schluss gehen Sie in die Test- und Pilotphase. Diese liefert Ihnen wichtige Erkenntnisse über die tatsächliche Nutzung und die Anforderungen. Auf Basis der Gesprächsprotokolle optimieren Sie Ihren Lernbot, so dass er schließlich in den Live-Betrieb gehen kann. Mit einer Conversational Learning-Software wie zum Beispiel JiX lässt sich ein einfacher Lernbot innerhalb weniger Personentage erstellen, im Laufe des Betriebs wird er dann nach und nach erweitert und „trainiert“ und lernt so selbst dazu.

Wir brauchen also in den unterschiedlichen Phasen unterschiedliche Kompetenzen. Um ein Botkonzept mit Hilfe einer guten Bot-Software auch zu implementieren, braucht es heute keine Informatiker mehr – Affinitität zu Software-Tools und eine gute Schulung bzw. Einarbeitung reichen aus. Wie generell bei software-gestützten Lernanwendungen: erfolgsentscheidend sind der Use-Case und die Qualität der Konzeption. Beim Conversational-Learning kommt noch etwas dazu: Bot-Macher brauchen ganz viel Gespür für Sprache. Wenn Sie also jemanden kennen, der/die gute Drehbücher und Dialoge schreibt – engagieren Sie ihn oder sie gleich für Ihr Bot-Projekt!

Welche Vorteile haben die Lernenden und die Unternehmen davon?
Seit Jahren nimmt in der Erwachsenenbildung die Verantwortung der Beschäftigten für das eigene Lernen zu. Immer wichtiger wird nicht nur informelles Lernen, sondern auch ein niedrigschwelliger Zugang zu digitalem Lernen; Mobile-Learning- und Micro-Learning-Angebote sind sehr gefragt . In diesem Zusammenhang stellen digitale Assistenten und Chatbots ein Lernmittel mit Zukunftspotential dar [2].

Die Vorteile digitaler Assistenten liegen auf der Hand: Sie stehen rund um die Uhr zur Verfügung, wann immer Bedarf an ihren Diensten entsteht, 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr. Wartungsintervalle und Ausfälle liegen bei unter einem Prozent der Gesamtzeit.

„Bot-Macher brauchen ganz viel Gespür für Sprache. Wenn Sie also jemanden kennen, der/die gute Drehbücher und Dialoge schreibt – engagieren Sie ihn oder sie gleich für Ihr Bot-Projekt!“

Die komfortable Navigation im direkten Dialog mit dem Bot eröffnet dem Benutzer einen schnellen Zugang zu genau den Inhalten und Services, die für ihn in der jeweiligen Situation hilfreich und relevant sind. Und nicht zuletzt senkt die Nutzung der natürlichen Sprache als Mittel der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine die Schwelle, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen.

Wir haben aus diesem Grunde eine Studie zum Einsatz von KI in der betrieblichen Weiterbildung initiiert und begleitet, um zu sehen, wie weit wir hier derzeit in der D/A/CH Region sind. Die Ergebnisse zeigen, dass wir am Beginn einer dynamischen Entwicklung sind und welche Angebote derzeit noch nicht so gut funktionieren. Es ist auch hier wie bei allen Technologiediskussionen: ohne gute Didaktik und Interaktion nützt die beste Software gar nichts. Bots lassen sich sowohl für den Einsatz im Training (Lernassistenten, Tutor, Lernspielpartner) als auch generell für Organisationsprozesse (erste Hilfe, Auskunfts- oder Buchungssystem) einsetzen. Sie entlasten als persönliche Ansprechpartner und Assistenten die Personalentwickler und Weiterbildungsmanager bei der Trainingsorganisation, die Trainer bei Routineaufgaben. Es gibt damit ganz neue Optionen für Angebote in der Organisation.


Welche Standards unterstützt Ihre KI-Lösung und ist jedes LMS dafür geeignet?
Wir haben für unsere KI-Lösung JIX einige Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit investiert und sind seit diesem Jahr mit der Lösung am Markt. Eine Bot-Betriebssoftware wie Jix ist u.a. die Basis letztlich beliebig vieler Chatbots, die unterschiedliche Use-Cases bedienen können. Die enthaltene Skriptsprache Liza ist leicht zu lernen und sehr leistungsfähig, sodass in kurzer Zeit Trainer und Autoren eigene KI-basierte Lernanwendungen entwickeln können. Aktuell bieten wir JIX als Cloud- und SaaS-Lösung an, zu kommoden Preisen, um den Einstieg in die KI-Welt zu erleichtern (www.jix.ai).

JIX besitzt unseres Wissens als einziges KI-Tool weltweit eine SCORM-Schnittstelle für Lernmanagementsysteme (LMS). SCORM ist der internationale De-Facto-Standard für die Integration von Lernanwendungen, sodass sich JIX-Anwendungen in jedes SCORM-kompatible LMS integrieren lassen. Und mehrsprachig ist JIX sowieso! Künstliche Intelligenz und Conversational-Learning sind damit für jeden Weiterbildner zugänglich.

„Die Lernenden sind aktiver im Lernprozess, was in der Regel zu besseren Lern­erfolgen führt.“

Beate Bruns


Welche Erkenntnisse förderte Ihre aktuelle Studie „Künstliche Intelligenz in der betrieblichen Bildung 2019″ zu Tage?
Derzeit nutzen ca. 3 % der Unternehmen KI-Tools in der Aus- und Weiterbildung. Gut 12 % befinden sich in der „heißen Phase“ und planen bzw. starten gerade damit. Zu diesen Ergebnissen kommt jedenfalls die aktuelle repräsentative Benchmarking-Studie „KI in der betrieblichen Bildung“ von  eLearning-Journal und time4you GmbH mit ca. 850 Teilnehmern.

Wie so oft bei technischen Neuerungen ist es die kleine Gruppe der Pioniere und frühen Adaptoren, die bereits die innovativen KI-Anwendungen nutzen. Die Studie zeigt auch deutlich den großen Orientierungsbedarf: Fast zwei Drittel der Befragten haben sich mit dem Thema noch nicht eingehend befasst. Und so wundert es nicht, dass sie das unzureichende interne Know-how momentan als das größte Hindernis für KI-Anwendungen in der betrieblichen Bildung einschätzen. Insgesamt überwiegen jedoch ganz klar die Vorteile durch den Einsatz von KI-Technologien in der Weiterbildung: 60% der Befragten versprechen sich eine effizientere Nutzung des Lernangebots, Kostenersparnisse erwarten 53 % und ein Drittel der Teilnehmer geht davon aus, dass durch KI-Tools die Produktivität der Mitarbeiter*innen steigt.

Die Frage nach der Einsatzplanung von KI-Tools in Unternehmen der DACH-Region zeigte folgendes: die IKT-Branche gehört mit 16,2 Prozent zu den Vorreitern, zusammen mit dem Dienstleistungssektor (16,8 Prozent) sowie dem verarbeitenden Gewerbe (13,2 Prozent). Zu den Schlusslichtern sowohl beim aktuellen als auch beim geplanten Einsatz von KI in der betrieblichen Bildung gehören derzeit noch die öffentliche Verwaltung, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Energiebranche.

Besonders interessant ist für die Befragten der Einsatz von KI bei Learning Analytics und in der Personalisierung des Lernens.  30,8 Prozent der befragten Unternehmen, die aktuell noch keine KI-basierten Analysetools nutzen, planen derzeit den künftigen Einsatz. In den kommenden Jahren könnte die Verbreitung von Lernbots im deutschsprachigen Raum stark zunehmen. Wie die Befragungen zeigten, wird bei rund einem Drittel der Unternehmen (31,8 Prozent) der Einsatz von Chatbots und Lernbots aktuell geplant. Drei von vier Unternehmen, die sich bereits mit KI auseinandergesetzt haben, schätzen den 365/24h Ansatz und halten Chatbots als FAQ- oder Auskunftssysteme für geeignet. Diese können auch als digitaler Assistent, der an Trainings erinnert oder bei Buchungen unterstützt, eingesetzt werden, davon geht die Mehrheit der Befragten mit 75,2 Prozent aus. 68,4  Prozent der Befragten können sich zudem Chatbots als Unterstützung im Onboarding-Prozess vorstellen.

www.time4you.de

www.jix.ai

Aufmacherbild / Quelle /Lizenz
Bild von Pete Linforth auf Pixabay

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