Kundendialog entlang der Customer Journey automatisieren

Neue Kundenanforderungen verändern die Customer Journey. Der persönliche Austausch vor Ort war und ist aus Pandemiegründen oft nicht möglich – und unabhängig davon aufwendig. So führt der Wunsch nach Beratung in Echtzeit zu mehr Videokommunikation, aber auch Chat-/Voice- oder Sales-Bots werden immer wichtiger. Durch die gestiegene Zahl digitaler Touchpoints beispielsweise für beratungsintensive Artikel können Unternehmen Kundendaten sammeln, analysieren und dadurch die Customer Experience weiter verbessern und personalisieren. Voraussetzung ist, dass sie die Kundeninteraktion automatisieren und die Touchpoints erfolgreich verwalten. Bernhard Egger vom Softwarehersteller BSI fasst wichtige Merkmale zusammen, mit denen der Trend zum automatisierten Kundendialog unter dem Begriff „Conversational Automation“ beschrieben wird.

Der CEX Trendradar 2022, definiert Conversational Automation als „die digitalen und teilweise automatisierten Dialogmöglichkeiten eines Unternehmens, die mithilfe menschlicher und nichtmenschlicher Unterstützung […] stattfinden.“ Der Austausch zwischen Unternehmen und Kundschaft kann dabei text-, sprach- oder videobasiert sein und über Instant-Messenger, Live-Chat, Chatbots, Voicebots, Voice Assistants, Smart Speaker sowie Video erfolgen. Messenger-Dienste nutzen viele bereits privat, so dass sie mit ihnen vertraut sind. Der Vorteil von Bots ist, dass sie Kunden 24 Stunden täglich, also auch außerhalb der regulären Geschäftszeiten, zur Verfügung stehen.

Bernhard Egger: „Conversational Automation eignet sich auch, um proaktiv auf (potenzielle) Kunden zuzugehen.“

Die verschiedenen digitalen Assistenten übernehmen dabei heute auch komplexere Anfragen. Sie entwickeln sich kontinuierlich weiter und verbessern ihre Fähigkeiten mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI), Sprache zu erkennen und sogar Absichten zu entschlüsseln. Damit die Bots personalisierte Anliegen bearbeiten können, benötigen sie Zugriff auf unternehmensinterne Informationsquellen – genauso wie ihre menschlichen Kollegen. Im Optimalfall liegen die benötigten Daten nicht verteilt über mehrere Datensilos ab, sondern in einem zentralen Customer-Relationship-Management (CRM)-System. Dann können die Bots Liefertermine mitteilen und Adressänderungen vornehmen, ohne dass menschliche Kolleginnen in den Vorgang eingreifen müssen. Hier gilt allerdings, je unklarer das Anliegen und je stärker dabei kritische Emotionen involviert sind, desto wichtiger ist es, dass ein Mitarbeiter den Prozess kontrolliert. Auf keinen Fall sollte eine Kundin in einem Prozess eine Frage mehrfach stellen oder sogar einem Mitarbeiter erklären müssen, was der vorige Ansprechpartner – Mensch oder Maschine – geäußert hat.

Menschen und Maschinen vernetzen

Der Austausch zwischen Bot und Informationsquelle ist deshalb auch in die andere Richtung unerlässlich, damit die Interaktion zwischen Kunde und Bot dort erfasst wird. Geht es um eine Adressänderung, kann ein Chatbot diese beispielsweise an das CRM-System des Unternehmens weiterleiten. Meldet sich derselbe Kunde nach dem Chat mit dem digitalen Assistenten telefonisch bei einer Mitarbeiterin, kann diese im Gespräch an den vorangegangenen Austausch anknüpfen, indem sie die Informationen aus dem CRM-System zu Rate zieht. Neben Kommunikation mit Bots oder Beschäftigten, gehören auch Webseitenbesuche und Social-Media-Interaktionen weiterhin zu den Touchpoints, die es zu tracken gilt, um ein möglichst umfassendes Bild des Kunden zu haben. Hier setzen Unternehmen häufig auf sogenannte Customer-Data-Plattformen (CDP) als End-to-End-Systeme, die eine dauerhafte, einheitliche Kundendatenbank in Echtzeit erstellen.

Das Beispiel zeigt auch, dass es nicht reicht, nur die Daten aus den digitalen Touchpoints in die Datenbasis eines Unternehmens einzuspeisen. Auch Telefonate und persönliche Gespräche mit Beschäftigten sind zu erfassen, damit alle Informationen zum Kunden an einem Punkt zusammenlaufen und allen Ansprechpartnern – Menschen und Maschinen – zur Verfügung stehen.

Bei den oben genannten Dialogen handelt es sich um Beispiele aus dem Kundenservice, aber Conversational Automation eignet sich auch, um proaktiv auf (potenzielle) Kunden zuzugehen. So interessieren sich laut CEX Trendradar 2022 auch Marketing und Vertrieb mehr und mehr dafür. Die Autoren schreiben dem Trend Potenzial für die Such-, Kauf- und Bestellphase der Customer Journey zu.

Mit Conversational Automation die Customer Experience verbessern

Die gesammelten Informationen aus den Interaktionen einer Kundin mit dem Unternehmen können Marketing und Vertrieb nutzen, um die Customer Journey besser auf sie zuzuschneiden. Kommuniziert sie per Video, chattet sie über die Website oder meldet sie sich im Instant Messenger? Und zu welcher Tageszeit beschäftigt sie sich mit dem Angebot eines Unternehmens? Welche Informationen hat sie auf der Website gesucht und zu welchem Thema persönlich mit ihrem Kundenberater gesprochen?

Laufen die Informationen aller Touchpoints – nicht nur die der Conversational-Automation-Tools – in einer Lösung zusammen, lassen sie sich analysieren, um diese Fragen zu beantworten. Kundenberater, Marketing oder Vertrieb können anschließend mit relevanten Inhalten zum passenden Zeitpunkt über den bevorzugten Kommunikationskanal der Kundin an sie herantreten. Verfügt das Unternehmen über eine Marketing-Automation-Lösung, lässt sich auch dieser Schritt automatisieren. Das verbessert mit wenig Personaleinsatz die Kundenerfahrung und erhöht die Erfolgschancen, die Customer Journey voranzutreiben.

Conversational Automation in der Praxis bei Versicherern

In der „IFZ Conversational Insurance Studie 2022“ geht es um Kommunikationskanäle von Versicherungen. Sie nennt auch Beispiele für den Einsatz von Chatbots selbst in dieser eher konservativen Branche. HDI-Kunden können in Deutschland bereits seit 2019 mit dem Chatbot Lizzy kommunizieren. Lizzy sollte es Kundinnen anfangs hauptsächlich ermöglichen, rund um die Uhr zusätzliche Mitfahrer zu versichern. Mittlerweile hat sich ihr Portfolio stark erweitert und sie führt nach Angaben der Versicherung täglich rund 500 automatisierte Unterhaltungen im Kundenportal.

Das erfolgreiche Beispiel zeig: Ein Chatbot kann Beschäftigten Arbeit abnehmen, ein großer Vorteil in Zeiten mit Fachkräftemangel. Außerdem können Unternehmen Bots zunächst für eine konkrete Aufgabe einsetzen und seine Fähigkeiten nach und nach ausbauen.

Auch der BSI-Kunde Arvato Supply Chain Solutions, ein Anbieter von Order-to-Cash-Lösungen für endkundenorientierte Industrien, setzt für E-Commerce-Kunden aus der Mode-, Beauty- und Lifestyle-Branche einen Chatbot ein. Er ist komplett in das BSI CRM eingebunden, das sorgt für einen nahtlosen Informationstransfer zwischen dem virtuellen Agenten und den Mitarbeiter im Customer Service über alle Kontaktkanäle hinweg. Durch Künstliche Intelligenz kann der Chatbot teil- und vollautomatisierte Prozesse in BSI starten, entsprechende Fragen an den Kunden richten und passende Antworten zur Verfügung stellen. Dabei kann der digitale Assistent den Chat mit dem Kunden jederzeit nahtlos an einen Agenten im Customer Service übergeben.

Conversational Automation – vom Trend zum Alltag

Conversational Automation als Überbegriff für dialogbasierte Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden umfasst ein breites Feld. Verantwortliche, die diesen Trend umsetzen möchten, können mit einer Komponente beginnen und Kunden per Instant Messaging oder Bot zunächst auch nur einzelne Funktionen anbieten. Darauf können sie anschließend aufbauen, um die Customer Experience Schritt für Schritt zu verbessern. Dabei dürfen sie klassische Kommunikationskanäle jedoch nicht aus den Augen verlieren. Menschen kommunizieren gerne mit Menschen. Diese Option sollte deshalb weiterhin an zentralen Stellen der Customer Journey verfügbar sein, auch wenn automatisierte Dialoge weiterentwickelt werden, Bots mehr und mehr Aufgaben übernehmen können und vom Zukunftstrend zum alltäglichen Kommunikationspartner werden.

Über den Autor:

Bernhard Egger ist Retail Community Manager beim Softwarehersteller BSI. Sein Herz schlägt für intelligenten und gleichzeitig menschlichen Kundenservice. www.bsi-software.com


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