„Wir sprechen von Echtzeit-Personalisierung“

Personalisierung ist ein besonders wichtiger Punkt in gängigen Online-Strategien. Doch viele deutsche Shop-Betreiber verfangen sich in Konzeptfragen – und vergessen das „anfangen“. Wie wichtig aber dieses „einfach mal anfangen und experimentieren“ wirklich ist, legt Frank Piotraschke, Senior Director Sales EMEA von Optimizely, im nachfolgenden Interview ganz deutlich dar.

Herr Piotraschke, wo sehen Sie Ihre Dienstleistung im Kontext der Wertschöpfungskette von Unternehmen im E-Business-Bereich?
Keine Firma kann es sich heutzutage dauerhaft leisten, digital hinterherzuhinken. Wir unterstützen Unternehmen dabei, beim Verkauf ihrer Produkte oder Services stets auf dem neuesten Stand der Digitalisierung zu sein. Das heißt, wir liefern die nötige Technik für die Optimierung ihrer Online-Shops, von neuen Landing-Pages oder Apps – angefangen bei A/B-Testing über Echtzeit-Personalisierung bis hin zu Experimenten auf beliebigen Geräten. Das Ziel der Firmen sollte immer darin bestehen, die Kundenansprache zu optimieren und dem User auf allen Kanälen und Geräten das anzuzeigen, was ihn interessiert. Jeder möchte die Customer Journey ganzheitlich betrachten, aber die meisten bleiben in theoretischen Datenmodellen stecken oder betrachten das Thema nur einseitig aus dem Blickwinkel der Online-Werbung. Wir helfen Betrieben dabei, den User auf allen Geräten personalisiert anzusprechen und ihm eine nahtlose Experience zu bieten. Online-Inhalte werden – je nach Interesse des Nutzers – ausgespielt, deren Erfolge gemessen und wieder angepasst. So können unsere Kunden datengestützte Entscheidungen treffen, die die Conversion Rate – ob für Umsätze, Newsletter-Anmeldungen oder Klickraten – relevant erhöhen. Dabei gelingt der Sprung aus theoretischen Modellen in die Praxis. Durch die Etablierung einer Testing-Kultur werden Veränderungen schrittweise getestet und umgesetzt – so kann man mutig sein, Innovationen ausprobieren und trotzdem das Risiko eines Fehlschlages kontrollieren.
Experimente etablieren eine neue Kultur des Lernens, in der niemand mehr Angst vor einem Versagen haben muss. Anders ausgedrückt: Unternehmen können nicht alles über potenzielle Kunden wissen, aber sie können es durch Experimente herausfinden. Personalisierung ist ein ständiger Prozess, der nie endet und immer wieder neu angepasst werden muss, wenn man erfolgreich sein möchte. Produktive Firmen entwickeln Hypothesen und gleichen diese permanent mit der Realität ab. Konzerne, deren Geschäftsführer Experimente und Personalisierung ganz oben auf der Liste stehen haben, wachsen besonders schnell – siehe Amazon-CEO Jeff Bezos. Der sagt: „Unser Erfolg hängt davon ab, wie viele Experimente wir im Jahr, im Monat, in der Woche und pro Tag durchführen.“

Wie würden Sie Ihr Alleinstellungsmerkmal definieren?
Echtzeit-Personalisierung. Alle sprechen von Personalisierung, doch nur wenige Anbieter setzen sie im Tagesgeschäft konsequent um. Fragen Sie einen zufällig ausgewählten Product Owner in Deutschland, ob er seine Zielgruppe gerne persönlich ansprechen möchte – er wird dies bejahen. Haken Sie dann nach, ob ihm dies auch gelingt, wird er das verneinen. Bestehende Personalisierungskonzepte sind teuer, schwerfällig und können nicht dynamisch angepasst werden. Zudem schließen die Konzepte oft die Mitarbeiter in einer Firma aus, die involviert sein sollten – nämlich die, die sich tagtäglich mit den Problemen Ihrer Nutzer beschäftigen.…
Über die Customer Experience kann man sich streiten. Fakt ist: Es gibt nicht „den“ Kunden, sondern Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen. Also müssen Interessenten individuell angesprochen werden. Die gute Nachricht: Was bisher nur Branchenriesen wie Amazon oder Netflix durch eigene Lösungen vorbehalten war, ist jetzt für einen Bruchteil der Kosten für jedermann zugänglich. Mit Optimizelys Technik können Websitebesucher bereits nach dem ersten Klick personalisiert werden, ohne dass sie sich angemeldet oder anderweitig identifiziert haben. Mit jedem Seitenbesuch oder Klick werden Informationen erfasst, ausgewertet und sofort zur Verfügung gestellt. Es zählt alleine das Verhalten, das die Folgeseiten anpasst – selbst wenn ein potenzieller Kunde die URL der Shop-Website direkt aufruft. Nur der Nutzer selbst soll durch sein Verhalten entscheiden, was er sieht, nicht die Marketing-Teams. Die Auswahl und Priorisierung der Inhalte werden personalisiert, das bedeutet, die Homepage oder eine Produktdetailseite können pro Besucher komplett unterschiedlich aussehen. Beispielsweise können Sie mit den neuesten Markenschuhen bei einem preisbewussten Käufer schwer landen, da sie voraussichtlich sein Budget sprengen. Zeigen Sie ihm allerdings die rabattierten Auslaufmodelle prominent auf der Startseite an, haben Sie gute Chancen, dass er kauft.
Neben der Schnelligkeit bietet dieses Verfahren einen weiteren entscheidenden Vorteil: Da keine statistische Relevanz nötig ist, sondern wenige Daten für eine Auswertung reichen, eignet sich Echtzeitpersonalisierung beispielsweise auch für B2B-Websites mit geringem Traffic. Solche Personalisierungskampagnen waren bis vor Kurzem nur über eine clientseitige Anbindung möglich. Mit unserer Lösung wird das Ganze nun auch serverseitig und ohne Hilfe der Entwicklungsabteilung möglich. Ein Beispiel: Sollten heruntergesetzte Preise für verschiedene Kundensegmente ausgegeben werden, konnten Webshop-Betreiber bisher nur rabattierte Preisschilder auf das Produkt im Online-Laden „kleben“. Denn mit dem clientseitigen Testing (CST) können ausschließlich Experimente von visuellen Elementen wie Bildern oder Buttons durchgeführt werden. Mit Full Stack ist durch die serverseitige Anbindung eine Preisänderung im Kassensystem möglich.

Wie helfen Sie dabei, die Customer Journey und die Customer Experience nachhaltig zu verbessern?
Die Optimizely-Plattform ist ein riesiges, digitales Versuchslabor. Nach dem Prinzip „Experiment Everywhere“ können auch kleinere Firmen mit uns plattformunabhängig nicht nur das testen, was Kunden auf ihrer Website sehen, sondern auch das, was sie erleben: die Reihenfolge der Suchergebnisse, Produkt- und Content-Empfehlungen, neue mobile Features, Preisänderungen und so weiter. Das ist wichtig, denn die explosionsartige Vermehrung der Endgeräte, mit denen Menschen heute kommunizieren, hat die Art der Interaktion zwischen Kundschaft und Unternehmen verändert. Die Zahl der Touch Points steigt, die Absatzmöglichkeiten wachsen. Der Konsument erwartet, dass seine Vorlieben und Vorgeschichte bekannt sind, um personalisierte Inhalte ausgespielt zu bekommen – unabhängig davon, mit welchem Gerät er gerade im Internet surft. Die Herausforderung besteht heute darin, eine nahtlose Customer Journey und Wow-Momente beim Shopping zu generieren. Optimizely hat es sich auf die Fahne geschrieben, die Kultur des Experimentierens zu demokratisieren, sie also allen zugänglich zu machen.
Ein Beispiel, welche Szenarien wir mit unserer Plattform lösen können: Ein Erstbesucher sieht sich zu Hause auf dem Desktop-Rechner eine Jacke in einem Online-Fashion-Shop an. Er möchte weiterhin informiert bleiben und registriert sich für den Newsletter. Auf dem Weg zur Arbeit öffnet er auf seinem Smartphone seine E-Mails und entdeckt den Newsletter, der für ihn mit weiteren Angeboten für Jacken personalisiert wurde. Klickt er auf einen Banner oder Link im Newsletter, erkennt ihn der Online-Shop wieder. Über die E-Mail-Adresse konnte eine Verbindung zwischen dem Desktop- und mobilen Nutzer hergestellt werden. Surft er jetzt mobil im Shop nach anderen Artikeln, wird das Angebot weiter für ihn personalisiert, auch wenn er das nächste Mal wieder vom Desktop-Rechner aus zugreift.

Eine Anpassung von Testszenarien ist im „laufenden Betrieb“ möglich. Gerade das ist für E-Commerce-Betreiber besonders relevant.

Eine Anpassung von Testszenarien ist im „laufenden Betrieb“ möglich. Gerade das ist für E-Commerce-Betreiber besonders relevant.

Auf welche wiederkehrenden Herausforderungen stoßen Sie im Vorfeld der Implementierung Ihrer Lösung?
Die Märkte sind härter umkämpft als je zuvor, die Konkurrenz ist groß. Die digitale Arbeitswelt und die Kommunikation verändern sich stärker als jemals zuvor. Neue Technologien werden schneller akzeptiert und integriert, alles dreht sich rasanter. Umso wichtiger ist es, auf diesen Trend mit einer zeitlosen Lösung zu reagieren: mit Experimenten und Personalisierung.
Wie wichtig Webseiten-Testing und Personalisierung sind, hat sich in Deutschland noch nicht ausreichend herumgesprochen. Nur wenige deutsche Unternehmen prüfen ihre Webauftritte auf eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten. Sie trauen sich noch nicht, anders zu denken. Oftmals erscheint Führungskräften diese Aufgabe zu gewaltig, zudem wissen sie nicht, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen. Sie stehen vor der Aufgabe, das Risiko wichtiger Vorhaben – etwa die Änderung des Website-Designs, die Einführung neuer Produktlinien oder die Durchführung von Saisonaktionen – auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Sie müssen sicherstellen, dass die User Experience den Bedürfnissen ihrer wertvollsten Kunden entspricht und somit auch maximale Umsätze generiert. Und es muss ihnen gelingen, die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen effizient zu nutzen, um im Wettbewerb die Nase vorn zu behalten.
Dies gelingt nur, wenn sich das Testing in der gesamten Firma etabliert hat und fest zur Unternehmenskultur zählt. Es beginnt mit einer neugierigen, offenen Person, die vom Nutzen der Experimente und datengestützten Entscheidungen hundertprozentig überzeugt ist. Diese Person bringt einen neuen Spirit ins Unternehmen. Im zweiten Schritt werden Teams gebildet, die sich mit dem Thema beschäftigen, Ideen entwickeln und Testergebnisse überprüfen. Im dritten und letzten Schritt ist jede einzelne Person in der Firma – vom CEO bis zum Trainee – vom Nutzen der Testing-Kultur überzeugt. Alle sehen sich als Forscher, die die richtige Antwort finden können. Bis dahin muss man allerdings Überzeugungsarbeit leisten.
Denn die Reaktionen der Mitarbeiter auf solche Veränderungen fallen fast immer geteilt aus, wie wir aus den zahlreichen unterschiedlichen Betrieben, mit denen wir zusammenarbeiten, wissen: Manche begrüßen Neuerungen und sehen in ihnen eine Chance, effektiver zu arbeiten, sich fortzubilden und den Unternehmenserfolg zu vergrößern. Die andere Fraktion steht neuen Prozessen kritisch gegenüber und sieht bei jeder Abweichung vom traditionellen Weg Probleme und mehr Arbeit auf sich zukommen. Diese Sorgen müssen von Führungskräften ernst genommen und ausgeräumt werden. Grundsätzlich gilt in allen Fällen und in allen Unternehmen, Beteiligte frühzeitig einzubeziehen. Sie benötigen das Gefühl, gebraucht zu werden. Allgemeines Testing-Know-how darf kein Staatsgeheimnis sein, sondern allen Mitarbeitern und involvierten Abteilungen zur Verfügung stehen. AB-Tests und Experimente werden bald zum Mainstream gehören, das sollte allen Beteiligten klar werden. Ohne sie geht bald gar nichts mehr, die Kultur des Experimentierens spart Zeit und Geld und verändert die Entscheidungsstruktur von Unternehmen grundlegend.

Auf welche Technologien setzen Sie beim Einsatz und inwieweit können Entwickler auf Ihrer Infrastruktur experimentieren?
Wir ermöglichen Entwicklern ein kontinuierliches Experimentieren mit Tests auf jedem beliebigen Kanal und jedem Gerät mit Internetverbindung. Das funktioniert mit unseren Lösungen Optimizely X Full Stack, Mobile und OTT, die volle Kontrolle über alle Inhalte garantieren.

Es wurden fast zu allen gängigen Entwicklungsumgebungen Software Development Kits (SDK) für Full Stack entwickelt, die grenzenloses Experimentieren ermöglichen – unabhängig von der verwendeten Programmiersprache (zum Beispiel Java, Node, Ruby oder Python). So kann der Entwickler Tests unmittelbar in Applikationen einbauen, und diese werden direkt auf dem Server des Kunden ausgeführt. Dazu legt man das Experiment in dem nutzerfreundlichen Webportal von Optimizely an, kopiert den Code in die eigene Anwendung und ergänzt sie um die Abfragen, die enthalten sein sollen. Auch Targeting-Bedingungen, Traffic-Zuweisungen, Ausschlussregeln oder Ziele lassen sich so festlegen. Das fördert eine Experimentierkultur, in der Entwickler umsatzentscheidende Features und Produkte schnell und einfach optimieren können. Auch Unternehmen, die bei clientseitigem Testing aus Sicherheitsgründen kein Javascript auf ihrer Webseite verwenden möchten, können nun dank Full Stack auf die passende Lösung zugreifen. Full Stack erfasst alle Applikationen im Technologie-Stack. So lassen sich Algorithmen, Preisgestaltung, Redesigns, Buchungssysteme, Datenbankabfragen, Anwendungen zur Marketing-Automation oder Call-Center-Skripte testen. Optimizely X Full Stack bietet einen enormen Gegenwert und gilt als unser erfolgreichstes Produkt.
Optimizely X Mobile stellt SDKs für iOS und Android zur Verfügung. Diese ermöglichen das rasche Experimentieren mit iOS- bzw. Android-Apps und gestatten es App-Entwicklern, Sofort-Updates ohne lästige, teure App-Store- oder Google-Play-Reviews, die viele Wochen dauern können, durchzuführen. Außerdem können sie die Implementierung neuer Features kontrollieren und eine personalisierte Experience kreieren. Die neuen Entwickler-Kits sind zudem mit allen SDKs für Optimizely X Full Stack kompatibel. Sie garantieren somit die Durchführung kanalübergreifender Tests.
Mit Optimizely X OTT (OTT steht für Over The Top) können Produktentwickler hocheffiziente Experimente von OTT-TV-Applikationen starten, die auf tvOS (Apple TV) oder Android TV laufen. Diese Tests verbessern die Customer Experience im Wohnzimmer und geben Einblicke in Usability und Design der App. Auf diese Weise lässt sich der Kunde auf den Endgeräten erreichen, die er nutzt und denen er vertraut – das ermöglicht eine authentische, ansprechende Interaktion zwischen Kunden und Marken. Mithilfe der Open-Source-SDKs (Software Developer Kits) lassen sich App-Experiences effektiv weiterentwickeln und das Risiko geplanter Änderungen auf ein Minimum reduzieren.

Auch in Apps wie etwa für Apple TV lassen sich Anpassungen jederzeit durchführen.

Auch in Apps wie etwa für Apple TV lassen sich Anpassungen jederzeit durchführen.

Welche Trends konnten Sie auf der diesjährigen dmexco ausmachen?
Im Prinzip handelt es sich immer um dieselben Themen, die nur andere Namen tragen: Wo geht die Reise bei Advertising meets Adblocking hin? Wie kann man den Nutzern Mehrwerte offerieren im Kampf um Aufmerksamkeit? Wie biete ich meinen Kunden die beste Experience, damit Sie weiterhin bei mir kaufen? Wie schaffe ich es, relevant im Vergleich mit den Internetriesen zu bleiben? Wo stelle ich mich lieber auf die Schultern von Giganten wie Amazon, Facebook oder Google, wo konkurriere ich mit Ihnen? Bleibt Programmatic Advertising nur den Großen vorbehalten?

Weitere Informationen unter:
www.optimizely.com

Bildquellen: Optimizely