Die mit den Farmern gesammelten Daten können direkt in eine App übertragen werden.

Digitalisierung als Beleg für Nachhaltigkeit und als Verkaufsargument

In den vergangenen Jahren ist das gesellschaftliche Bewusstsein für eine nachhaltigere Lebensweise deutlich gestiegen. Begrifflichkeiten wie CO2-Bilanz, erneuerbare Energien oder auch nachwachsende Rohstoffe sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Diese Entwicklung tangiert schon lange nicht mehr nur Politik und Wirtschaft, sondern auch Verbraucher. Internationale Studien bestätigen, dass Verbraucher zunehmend bereit sind, mehr Geld für nachhaltige Produkte auszugeben.

Schon lange sind ‚grüne‘ Produkte nicht mehr nur ein Thema für besser Verdienende und Querdenker. Die Konsumgütergesellschaft kritisch zu hinterfragen, ist Trend. Die Menschen interessieren sich dafür, wo einzelne Rohstoffe herkommen, wie die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern sind und wie sich Herstellung und Verpackung auf die Umweltbilanz auswirken. Um all diese Informationen entlang der Lieferkette transparent abzubilden, greifen viele Händler und Hersteller auf die Möglichkeit zertifizierter Produkte zurück.

Eine immer wichtigere Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Thema Digitalisierung. Die technische Weiterentwicklung ermöglicht, dass Daten erfasst, gesammelt und ausgewertet werden können. Das gibt dem Handel ehrliche und glaubwürdige Verkaufsargumente an die Hand und holt die Konsumenten da ab, wo sie Informationsbedarf haben.

Als Chief Innovation and Technology Officer der Rainforest Alliance steht Daan de Vries genau an der Schnittstelle zwischen Unternehmen, Zertifizierung und Digitalisierung. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie digitale Daten konkret zu mehr Nachhaltigkeit beitragen können und wie die Händler und Hersteller davon für die Interaktion mit ihren Kunden profitieren. Er beobachtet positive Entwicklungen auf drei Ebenen:

  • Transparente Lieferketten schaffen Vertrauen und Glaubwürdigkeit
    Das Thema Nachhaltigkeit rückt auf der Agenda der Unternehmen immer weiter nach oben. Unternehmen benötigen und fordern mehr Einsicht in die Prozesse innerhalb der Lieferketten, um ihre eigene Leistung und ihre Fortschritte zu messen. Digitalisierung ermöglicht an dieser Stelle mehr Transparenz, was wiederum zu mehr Vertrauen von Seiten der Verbraucher und Stakeholder führt.
    Dies wird deutlich am Beispiel von CocoaAction, einer Plattform, die führende Kakao- und Schokoladenunternehmen zusammenbringt. Gemeinsam mit der Rainforest Alliance werden digital Daten darüber erfasst, wie die Kakaofarmer die Praktiken des nachhaltigeren Anbaus umsetzen. Mithilfe der Analyse dieser Daten können sowohl die Unternehmen als auch die Farmer fundierte Entscheidungen darüber treffen, in welche Maßnahmen Zeit und Geld am wirkungsvollsten und nachhaltigsten eingesetzt werden müssen. Denn der nachhaltigere Anbau ist der Schlüssel für die Steigerung der Farm-Produktivität.
  • Zertifizierungsprogramme nutzen Leistungsfähigkeit digitaler Daten
    Nachhaltigkeitsprogramme widmen sich in ihren Standards Themen wie Produktivität, Arbeitsbedingungen, Umweltschutz, Klimawandel, Kinderarbeit oder Entwaldung. Zertifizierungen bieten außerdem ein Level an Transparenz, das wenig andere Ansätze bieten. Daher schließen sich viele Unternehmen Programmen für eine zertifizierte Rohstoffbeschaffung an. Dadurch haben sowohl die Unternehmen als auch Farmer Zugriff auf eine Vielzahl an Daten – zumeist jedoch noch immer in Papierform. Die zunehmende Konnektivität, die geringeren Kosten sowie die gestiegene Alphabetisierung in den Anbauländern bieten eine immer schnellere Implementierung digitaler Systeme.
    Zahlreiche Belege hierfür liefern Pilotprojekte der Rainforest Alliance, unter anderem innerhalb der Kakao- und Haselnuss-Programme. Durch die Analyse digitaler Daten von den Feldern, kombiniert mit anderen Datenquellen von Drittanbietern, wird so beispielswiese direkt ersichtlich, wenn eine Kooperative zu nah an der Grenze eines Nationalparks oder einer geschützten Wasserquelle errichtet ist. Durch diese Informationen erhalten die Farmen demnach die Chance, derartigen Nachhaltigkeits-Herausforderungen durch Korrekturen oder zielgerichtete Maßnahmen besser zu begegnen.
  • Digitalisierung wird zum Eckpfeiler nachhaltiger Landwirtschaft
    In Industrieländern wird die Präzisionslandwirtschaft in Form von bspw. Erdsonden oder automatischer Bewässerungssysteme bereits umfassend genutzt – ist allerdings auch stark auf die Bedürfnisse und technischen Voraussetzungen der hochprofessionalisierten Landwirtschaft zugeschnitten. In Ländern mit geringem bis mittlerem Einkommen, und vor allem für Kleinbauern, muss ein anderer Technologiemix zum Einsatz kommen. Dann kann die Auswertung von digital erfassten Daten ihre ganze Kraft entfalten: Sie hilft dabei, die negativen Folgen nicht-nachhaltiger Anbaupraktiken zu verstehen. Darauf basierend können individuelle Lösungen und Maßnahmen entwickelt werden und deren Fortschritte digital erfasst werden. Um selbst vor Ort Daten zu erfassen, ist es immens wichtig, dass die Farmer deren Mehrwert nachvollziehen können.
Die mit den Farmern gesammelten Daten können direkt in eine App übertragen werden.

Die mit den Farmern gesammelten Daten können direkt in eine App übertragen werden.

Diesen Ansatz verfolgt zum Beispiel das SAT4Farming-Programm, eine Initiative bestehend unter anderem aus der Grameen Foundation, Mars und der Rainforest Alliance. SAT4Farming erstellt anhand digitaler Technologie und Satellitenbildern individuelle Pläne zur Farmentwicklung, sogenannte FDPs (Farm Development Plans). Sie versorgen tausende von Kakao-Kleinbauern mit Informationen und Input, mit deren Hilfe sie ihre Produktivität erhöhen und nachhaltiger agieren können.

Abschließend lässt sich sagen: Digitalisierte Daten bieten große Chancen für Innovationen. Sie schaffen mehr Transparenz, sorgen für mehr Nachhaltigkeit innerhalb der Lieferketten und haben positive Auswirkungen auf die Farmer. Neue Technologien bringen jedoch auch einige Herausforderungen mit sich: technischer, sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Natur. Alle Interessengruppen, einschließlich Nachhaltigkeitsstandards, NGOs, Unternehmen und Regierungen müssen enger zusammenarbeiten, um die modernen Technologien zu implementieren und es somit den Landwirten – und unserer Umwelt – ermöglichen, in größerem Umfang davon zu profitieren.

Daan de Vries, Innovation & Technology Officer bei der Rainforest Alliance

Daan de Vries, Innovation & Technology Officer bei der Rainforest Alliance

Über den Autor

Daan de Vries, Innovation & Technology Officer bei der Rainforest Alliance:

Als Innovation & Technology Officer ist Daan de Vries für die Informationstechnologie bei der Rainforest Alliance verantwortlich. Sein Aufgabenbereich konzentriert sich vor allem auf die innovative Nutzung von digitalen Technologien in nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft. De Vries verfügt über eine 15-jährige Berufserfahrung in nachhaltigen agrar- und ernährungswirtschaftlichen sowie forstwirtschaftlichen Handelsketten. 2007 kam er zu UTZ und bereitete den Weg für das inzwischen weltweit größte Nachhaltigkeitsprogramm für Kakao. Zu seinen Verdiensten zählen auch das Haselnussprogrogramm und das First-Mile-Programm für Digitalisierungsprozesse bei Kleinbauern.

Vor seiner Zeit bei UTZ arbeitete de Vries in der Nachhaltigkeits- und Strategieberatung, im Holzhandel sowie in einem Internet-Start-Up. Er hat einen MBA der INSEAD und einen Masterabschluss in Maschinenbau der Technischen Universität Delft.

Bildquellen / Lizenzen: UTZ, Rainforest Alliance, Grameen Foundation

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
Sie dürfen:
  • Teilen — das Material in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten
  • Bearbeiten — das Material remixen, verändern und darauf aufbauen und zwar für beliebige Zwecke, sogar kommerziell.
  • Der Lizenzgeber kann diese Freiheiten nicht widerrufen solange Sie sich an die Lizenzbedingungen halten.
  • Bitte berücksichtigen Sie, dass die im Beitrag enthaltenen Bild- und Mediendateien zusätzliche Urheberrechte enthalten.
Unter den folgenden Bedingungen:
  • Namensnennung — Sie müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Diese Angaben dürfen in jeder angemessenen Art und Weise gemacht werden, allerdings nicht so, dass der Eindruck entsteht, der Lizenzgeber unterstütze gerade Sie oder Ihre Nutzung besonders.
  • Weitergabe unter gleichen Bedingungen — Wenn Sie das Material remixen, verändern oder anderweitig direkt darauf aufbauen, dürfen Sie Ihre Beiträge nur unter derselben Lizenz wie das Original verbreiten.