Der Sprung in die digitale Zeitrechnung – von Null auf Hundert!

von Kai Grunwitz

Die weltweite Corona-Pandemie wird Wirtschaft und Gesellschaft noch länger im Bann halten. Das Verfolgen von Nachrichten rund um die grausamen Folgen für die Menschen auf der ganzen Welt sorgte sicher nicht nur bei mir für zahlreiche schlaflose Nächte. Doch nicht der Umgang mit der Krise in Deutschland – und wir haben hier viel richtig gemacht und konsequent umgesetzt – soll Thema des Blogs sein. Es geht um etwas ebenso Wichtiges: Die Zukunft – was machen wir aus der schwierigen Situation?

Neben all den notwendigen Einschränkungen in unserem Leben und den massiven wirtschaftlichen Einbrüchen wird die Krise einen Prozess in Gang setzen, der vor wenigen Monaten noch undenkbar war und nun nicht mehr umkehrbar ist. Längst spricht man vom größten Auftrieb, den der digitale Wandel in Deutschland je erlebt hat. Nicht nur, dass der Internet-Verkehr rasant zugenommen hat – zur Eindämmung des Infektionsrisikos wurden ganze Bereiche und Arbeitsfelder in die virtuelle Welt verlagert. Und das mit den positiven Nebeneffekten, von denen im Kontext der Digitalisierung schon jahrelang die Rede ist. So haben im Zuge der Corona-Ausbreitung viele Unternehmen notgedrungen das Home-Office für sich entdeckt.

Selbst die härtesten Gegner in den Management-Etagen mussten ihre Mitarbeiter „von der Leine lassen“. Auch wenn das häusliche Umfeld sicherlich nicht nur ein inspirierender, sondern vielleicht manchmal auch ein limitierender Faktor ist, überwiegen die positiven Rückmeldungen: Wenn die Voraussetzungen stimmen, erleben viele gerade eine gesteigerte Effizienz und eine höhere Geschwindigkeit bei Entscheidungsfindungen.

Und auch wenn der kreative und informelle Austausch an der Kaffeemaschine komplett wegfällt, ergibt sich die Chance, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Denn virtuelle, bestenfalls cross-funktionale Teams weisen eine höhere Problemlösungskompetenz auf, als dies mit einer oftmals homogenen und aufeinander eingespielten Mannschaft vor Ort möglich ist. Es ist schade, dass es immer eines externen Anreizes bedarf, um sich offen Neuerungen zu stellen. Vergleichbar mit dem Thema Cyber-Sicherheit: Auch dort bedarf es zu oft einer konkreten Bedrohungssituation oder Angriffes, bevor gehandelt und investiert wird. Doch mit der Krise fand ein Umdenken statt: Digitalisierung funktioniert und schafft Vorteile!

Unternehmen und Behörden müssen sich nun von ihrem reaktiven Vorgehen verabschieden und auf nachhaltige Ansätze konzentrieren.

Kai Grunwitz

Es gibt zahlreiche weitere Beispiele von digitalen Lösungen, die während der Corona-Krise plötzlich aus dem Boden sprießen: E-Learning hat nach der bundesweiten Schulschließung zwar nur mancherorts, aber immerhin den Frontalunterricht ersetzt. E-Learning zeigt aber auch, welche Chancen wir zuvor verschlafen haben. Über den Digitalpakt wurde zwar eine Vielzahl an Mitteln bereitgestellt, jedoch nur sehr selektiv abgerufen.

Besonders der Digitalisierung im Gesundheitswesen verleiht die gegenwärtige Pandemie mächtig Aufwind. Apps und Video-Sprechstunden haben in den letzten Wochen einen enormen Zulauf verzeichnet, Patienten fordern inzwischen aktiv digitale Angebote ein. Künstliche Intelligenz wiederum hilft, standardisierte Prozesse zu optimieren und zu vereinfachen, und ermöglicht damit den Fachkräften, sich auf wichtigere Aufgaben zu konzentrieren.

Die Krise treibt den Prozess der Digitalisierung entscheidend voran, Digitalisierung ist die Norm und die Adaption wird eine ungeahnte Beschleunigung erleben. Eines zeigt die Krise aber auch – Unternehmen und Behörden müssen sich nun von ihrem reaktiven Vorgehen verabschieden und auf nachhaltige Ansätze konzentrieren. Was heißt das? Nehmen wir das Beispiel „Work from Home“. Kurzfristig improvisierte Lösungen für das Arbeiten zu Hause haben in der Krise geholfen, können sich für Unternehmen jedoch zu einem großen IT-Sicherheitsrisiko entwickeln, wenn wichtige Sicherheitsrichtlinien nicht umgesetzt werden konnten. War es in der ersten Reaktion normal, dass die Symptome sozusagen mit einem Pflaster überklebt wurden, müssen Unternehmen jetzt nachbessern.

Im Fall von Home-Office bedeutet das, eine End-to-End-Sicherheit einzurichten, damit nur Berechtige Zugriff auf Firmeninterna haben, und die notwendigen Kollaborations- und Kommunikationstools sowie Anwendungen rund um das Wissensmanagement bereitzustellen. Am besten wird die mobile IT-Landschaft in ein Framework eingebettet, die die IT-Verantwortlichen bei der Geräteauswahl, Bereitstellung, Sicherheit und Administration unterstützt.

Technik ist bei nachhaltigen Lösungen aber nur ein Aspekt: Digitalisierung muss zum eigenen Geschäftsmodell passen und einer Strategie zugrunde liegen, die auch Mitarbeiter und Prozesse einer Organisation berücksichtigt. Das heißt auch, die eigenen Mitarbeiter müssen die entsprechenden Skills und damit Ausbildung haben, um mit den neuen Technologien effizient arbeiten zu können. Sie müssen die Digitalisierungsstrategie verstehen und nicht nur mit Technologie konfrontiert werden. Es geht darum, analog des Society-5.0-Ansatzes eine nutzenstiftende Digitalisierung zu betreiben. Unternehmen und Behörden müssen zudem den Kunden ins Zentrum ihrer Strategie stellen und ihm in der digitalen Welt einen echten Mehrwert bieten. Dies allein macht am Ende den Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern aus.

Unser Autor


Kai Grunwitz,
Geschäftsführer der NTT Ltd. in Deutschland

Fest steht: Die Krise hat viel Leid gebracht. Für Unternehmen und Organisationen beginnt mit Post-Corona aber auch eine neue Zeitrechnung. Ohne ein funktionierendes digitales Geschäftsmodell wird es künftig nicht mehr gehen. Die Digitalisierung wird auch dabei helfen, schnell wieder Tritt zu fassen und über innovative Geschäftsmodelle neue Märkte zu erschließen. Entwicklungen, die sonst vielleicht noch eine Dekade in Anspruch genommen hätten, werden sich nun binnen weniger Monaten oder Jahre vollziehen. Die Bundesregierung hat mit dem gerade verabschiedeten Konjunkturprogramm die richtigen Weichen gestellt. Es werden Anreize und Zeichen gesetzt um die Digitalisierung – nein Modernisierung – in Deutschland voranzutreiben. Jetzt gilt es für uns alle, aus der Vergangenheit zu lernen und mutig die Möglichkeiten für eine lebenswerte Gesellschaft und innovative Geschäftsstrategien zu ergreifen.

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