Warum ‟Made in Germany” ein Revival erleben wird

Dies ist ein Gastbeitrag von Arasch Jalali, Gründer und CEO, Profishop

Die Coronakrise verändert unsere Wirtschaft. Für den Verbraucher begannen sich die Grundbedingungen vor allem zunächst im Bereich der Hygiene- und Gesundheitsartikel zu verändern. Insbesondere bei Atemschutzmasken, Einweghandschuhen und Desinfektionsmittel waren die Auswirkung des erhöhten Bedarfs deutlich zu sehen, denn zu Beginn der Pandemie konnte diese Nachfrage nur schwer gedeckt werden.

Problematisch wurde die Lage spätestens dann, als Medikamente teilweise knapp wurden, da diese bis dato oft in China und Indien hergestellt werden. Ebenfalls im Gedächtnis bleiben die teils leeren Regale im Supermarkt und der außergewöhnliche Ansturm auf bestimmte Lebensmittel oder Hygieneprodukte. Der Grund hierfür, war eine Zunahme von Hamsterkäufen, die dafür sorgten, dass alltägliche Waren wie Toilettenpapier oder Teigwaren schlagartig zu den beliebtesten Produkten der Deutschen avancierten. Zeitweilig konnten die Lieferanten und Hersteller diese erhöhte Nachfrage nicht bedienen.

Corona belastet globale Lieferketten

Doch die Pandemie lähmt auch andere Teile der Weltwirtschaft. Grund hierfür ist die Globalisierung und ihre vernetzten Waren- und Wirtschaftsmärkte, die in Zeiten von Grenzschließungen nicht mehr aufrecht zu erhalten sind. Ohne Frage brachte dieses Weltwirtschaftssystem großen Fortschritt, Freiheiten und Wohlstand. Jedoch offenbart die Krise auch die andere Seite der Medaille. Nämlich die Abhängigkeiten, nicht funktionierende Lieferketten und somit Engpässe sowie Preissteigerung. Die aktuelle Situation ist also Anlass genug, um den bisherigen Status Quo zu hinterfragen und eine Bilanz zu ziehen. Kann unsere Wirtschaft auch unter nachhaltigen Aspekten funktionieren?

Denn aus den Lieferengpässen und dem damit verbundenen Mangel an bestimmten Waren resultieren zeitweise Preissteigerungen für sonst erschwingliche Produkte wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel, aber auch Lebensmittel sind durch die Pandemie teurer geworden. Durch die Engpässe und Preisschwankungen ist die Diskussion über die Verlagerung der Produktionsstätten aus Asien in den europäischen, also dem Schengenraum, beflügelt worden. Denn im Gegensatz zum internationalen Raum kann der Handel mit dem europäischen Ausland auch in Krisenzeiten, in einem bestimmten Maße, aufrechterhalten und garantiert werden.

Produktionssicherheit wird wichtiger als Effizienz

Für viele Unternehmen ist dieser Schritt durchaus vorstellbar. Laut einer EY-Befragung zu globalen Lieferketten planen 36 Prozent der Konzerne, die eigenen globalen Lieferketten zu verändern, 58 Prozent müssen die aktuelle Situation erst neu bewerten. Nun, da in Deutschland die erste Welle der Pandemie abklingt, stellt sich die Frage nach den wirtschaftlichen sowie geopolitischen Auswirkungen. Denn Fakt ist: unsere Realität wird nach Corona eine andere sein wird als zuvor. In diesem „New Normal” könnte etwa die Produktionssicherheit wichtiger sein als es die Effizienz bisweilen war. Schließlich ist die Unabhängigkeit von internationalen Produktionsstätten in globalen Krisensituationen ein erheblicher Vorteil. Dies könnte bedeuten, dass Europa und Deutschland als Produktionsstandorte aufgewertet werden. Der weltberühmte Claim “Made in Germany”, der in der reinen Form fast keine Umsetzung mehr findet, könnte somit eine Art Revival erleben. 

Das Momentum nutzen

In zukünftigen Pandemien, Kriegen oder anderen unvorhersehbaren Szenarien, die vor allem der höheren Gewalt unterliegen, könnten Unternehmen mit einer solchen Rückverlagerung die externen Einflüsse auf ihre Geschäftstätigkeit minimieren. Anders gesagt, gewährleistet diese Maßnahme die Produktion auch in Krisenzeiten. Denn im Falle einer Krise wie der aktuellen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer termingerechten Lieferung. Vorteilhaft ist zudem, dass die hergestellten Produkten eben den heimischen bzw. europäischen Qualitätsstandards unterliegen, die meist höher sind als in Asien.

Positiver Effekt wäre zudem, dass Arbeitsplätze entstehen würden. Aber es gibt einen weiteren Punkt, der die Diskussion um das Thema Deglobalisierung vorantreibt. Schon lange vor der Krise hat sich ein Trend abgezeichnet, doch durch den Ausbruch von Covid-19 erfährt er ein Momentum: Menschen sind aktuell bereiter als zuvor für nachhaltig produzierte Produkte mehr zu zahlen. 44 Prozent der Deutschen sind laut Statista bereit, mindestens 10 Prozent mehr für nachhaltig produzierte Waren zu zahlen. Diese Bereitschaft würde der Verlagerung der Produktionsstätten nach Europa zugute kommen. Schließlich bedeutet eine Herstellung in Europa allein durch das Wegfallen der weiten Transportwege mehr Nachhaltigkeit. Aber auch stellt man sich somit problematischen Themen wie der unfairen Bezahlung von Angestellten in Dumpinglohnländern, die unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen sowie der Schädigung der Umwelt aufgrund fehlender Auflagen.

Die derzeitige Krise verdeutlicht uns einmal mehr die Grenzen, unserer Art zu wirtschaften. Sie zeigt, was passiert, wenn wir uns auf die Globalisierung verlassen und nur Dumpingpreise für hiesige Dienstleistungen oder eben auch für Produkte aus Niedriglohnländern zahlen wollen. Die aktuelle Situation  kann also auch als Chance gesehen werden und Grund für ein Umdenken sein. Die Maxime “Qualität hat ihren Preis” erhält damit endlich einen höheren Stellenwert. Gleiches gilt auch für die Produktionssicherheit, die für uns alle wesentlich ist. Die Krise kann daher hoffentlich eine Initialzündung sein, die dafür sorgt, dass Produktionsstätten zurück nach Deutschland oder in die EU-Zone verlegt werden.

Über den Autor

Arasch Jalali, 1985 als Sohn einer Deutschen und eines Iraners in Teheran geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist Founder und CEO bei PROFISHOP. Der studierte Diplom-Wirtschaftsingenieur und Absolvent der Universität Bremen sammelte seine ersten kaufmännischen Praxiserfahrungen in Führungspositionen bei verschiedenen mittelständischen Unternehmen.

Weitere Informationen unter:
www.profishop.de

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