Technologieoffen und anbieterneutral
Das DigiMit² Kompetenzzentrum unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen im nördlichen Rheinland-Pfalz bei der digitalen Transformation. Angesiedelt ist das vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz geförderte Projekt an der Hochschule Koblenz. Die Unterstützung der Unternehmen erfolgt kostenfrei und anbieterneutral. Hendrik Solscheid und Leá Daiz erläutern in ihrem Gastbeitrag wie sie Entscheider:innen helfen.
Neben themenspezifischen Veranstaltungen, Workshops, DigiChecks im Unternehmen sowie vor Ort und Besuchen des DigiTrucks erfolgt die Beratung anwendungsnah. Der DigiTruck bietet dabei die Möglichkeit, Technologien erlebbar zu machen und sich dabei einen ersten Überblick über Technologien und Trends zu verschaffen. Gemeinsam mit den teilnehmenden Mittelständlern führen wir individuelle Projekte und Studien durch, die sich je nach Zielstellung unterscheiden. So konnten wir beispielsweise in einem Projekt einem Industrieunternehmen dabei helfen, eine Produktinnovation in den Markt einzuführen und somit ein neues Geschäftsmodell zu erschließen. Bei einem weiteren Projekt haben wir ein Einzelunternehmen dabei unterstützt, ein digitales Kursportal zu entwickeln, wo sämtliche Workshops und Arbeitsinhalte online durchgeführt werden können. Einem Handwerksunternehmen helfen wir unter anderem dabei, eine Nachfolgestrategie im Rahmen von wiederkehrenden Workshops zu entwickeln sowie sämtliche Workflows zu digitalisieren. In einem unserer aktuellsten Projekte geht es darum, wie wir eine Bildungseinrichtung inklusive aller anfallenden Arbeitsprozesse in einem zentralen ERP-System organisieren und bündeln können.
Multiple Krisen

Wir befinden uns seit geraumer Zeit in Krisen- und Kriegszeiten. Diese Ausnahmesituation stellt nicht nur Individuen vor größere Herausforderungen, sondern auch die breite Unternehmenslandschaft und dabei nicht zuletzt die mittelständischen Unternehmen. Die damit einhergehenden Probleme wie Lieferengpässe, Inflation, Ressourcenmangel und auch der Fachkräftemangel fließen ebenfalls in die Projekte mit den Unternehmen mit ein.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass gerade die Innovationskraft ein Indikator ist, um in Krisenzeiten im Wettbewerb weiter bestehen zu können. Unsere Projekte zeigen uns tagtäglich, dass jene Unternehmen, die sehr innovativ und fortschrittlich digitalisiert sind, sich durchschnittlich besser gegenüber externen Einflüssen behaupten können. Dabei haben neben dem Digitalisierungsgrad und der Innovationskraft auch Änderungen in der Unternehmenskultur und damit einhergehende Anpassungen, Modernisierungen und Flexibilisierungen der gesamten Arbeitsorganisation dazu beigetragen, resilienter zu werden.
Als die größten Herausforderungen von Unternehmen werden immer wieder der Fachkräftemangel und die Energiekrise genannt. Digitalisierung kann in beiden Kontexten Abhilfe schaffen. Generell lässt sich eine enorme Strukturveränderung im Arbeitsmarkt feststellen. Nicht mehr die Arbeitgeber suchen sich ihre Arbeitnehmer aus, sondern andersherum. Auf einer niederschwelligen Ebene können mittelständische Unternehmen durch den Einsatz von Tools wie Videokonferenzen und Projektmanagement Software ihre Strukturen flexibilisieren und ihre Mitarbeitenden remote arbeiten lassen. Diese Strukturänderung kann beispielsweise dem Fachkräftemangel entgegenwirken, indem das Einzugsgebiet für Recruiter erweitert und gleichzeitig die Attraktivität des Arbeitgebers erhöht wird. Zudem ist es hilfreich zu identifizieren, welche Arbeitsplätze durch digitale Technologien unterstützt werden können. Ein Beispiel hierfür ist der derzeit stark in den Medien präsente Chatbot ChatGPT der Firma OpenAI. Mit Hilfe von ChatGPT lassen sich beispielsweise repetitive und redaktionell unterstützende Aufgaben erledigen sowie Konzepte und Präsentationsskizzen erstellen.
Unser DigiCheck, ein von uns entwickeltes Tool zur Identifikation des Digitalisierungsgrades, deckt häufig auf, dass die eigene Unternehmenswahrnehmung von Geschäftsführenden und Angestellten häufig größere Diskrepanzen aufweist. Auch hier kann die Parallele gezogen werden: Prozesse zu digitalisieren und zu automatisieren bedeutet in der Regel nicht, Arbeitsplätze einzusparen, sondern Arbeitszeit zu optimieren und dadurch die Produktivität zu erhöhen. Der Einsatz von sogenannten Collaborative Robots, Automatisierungen, 3D Druck oder Robotic Process Automation bei synchronen Prozessen, schafft neue Ressourcen für den Mitarbeitenden, die das Aufgabengebiet des Einzelnen in Form von neuen abwechslungsreicheren Tätigkeiten erweitern können. Dies führt zu einer Reduzierung von Kosten und offenen Stellen. Der Einsatz solcher Tools scheitert häufig nicht an den technischen Hürden, sondern eher an der eigenen Unternehmenskultur und der Risikoaversion der Mittelständler.

Eine derzeit weiterhin präsente Herausforderung, der sich mittelständische Unternehmen stellen müssen, ist die aktuelle Energiekrise. Auch hier können digitale Technologien unterstützen, indem sie dazu beitragen, Energieverbrauchs und -erzeugungsdaten im ersten Schritt zu messen. Dadurch kann der Verbrauch gezielt gesteuert und entsprechend so optimiert werden, dass Ressourcen in Form von Arbeitskraft und Energie geschont werden. Durch weitere Steuerungsimplementierungen können Energieverbraucher ausgeschaltet werden, wenn sie nicht benötigt werden. So lässt sich Energie nur dann verbrauchen, wenn sie benötigt wird.
Daten und Analyse als Grundlage für digitale Geschäftsmodelle
Eine weitere Erkenntnis unserer Projekte zielt darauf ab, dass Unternehmen, die viele Daten erfassen, häufig effizienter und resilienter agieren. Die Datenerfassung ist das Fundament für viele operative Handlungen im Digitalisierungsprozess. Unsere Workshops haben allerdings gezeigt, dass diese Datenerhebung häufig lückenhaft ist, weshalb sich übergeordnete Schritte schwerer ableiten lassen. Erst durch eine saubere Datenerfassung wird die Nutzung von Daten, Analyse-Tools und auch ein potenzieller Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglicht. Diese Sammlung und Analyse von Daten helfen häufig schneller und präziser, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen, Prozesse zu optimieren und Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern. So können spezielle Nischenmärkte schneller detektiert und die Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Durch eine klare Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen oder Produktbereiche können sie sich von größeren Wettbewerbern abheben und eine starke Marktposition fundamentieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Blick über die eigene Branche hinaus, beispielsweise durch die Bildung von Netzwerken oder die Beteiligung an Cluster-Initiativen. Durch die Zusammenarbeit entwickeln sich Synergien, die zu neuen kreativen Lösungen führen. Auch dabei kann es sinnvoll sein cross-industriell zu denken. In vielen unserer Projekte versuchen wir, Netzwerke zu bilden, und setzen dabei bewusst auf heterogene Branchen und die Kooperation mehrerer Unternehmen, die auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten zu scheinen haben. Dies hat sich bis heute auch als sehr erfolgreich erwiesen.
Über die Autoren:
Hendrik Solscheid ist seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Koblenz. Nach dem Bachelorstudium Mechatronik und dem anschließenden Masterstudium Systemtechnik mit der Spezialisierung Elektrotechnik kann er Unternehmen anbieterneutral und technologieoffen beraten. Léa Daiz ist ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Koblenz bei DigiMit2. Ihre Schwerpunkte liegen auf Mittelstandsmanagement, Digitalisierung und Innovationsmanagement durch ihr Masterstudium in Business Management an der Hochschule Koblenz.
Creative Commons Lizenz CC BY-ND 4.0
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