RPA ist gekommen, um zu bleiben

Dies ist ein Gastbeitrag von Milad Safar, Managing Partner der Weissenberg Group

Als Software-Bot automatisiert die Robotic Process Automation (RPA)-Technologie Routineaufgaben, die einem vordefinierten Regelwerk folgen, wodurch menschliches Eingreifen weitgehend überflüssig wird. Nicht verwunderlich daher, dass fast alle Marktstudien der Prozessautomatisierung weiterhin ein unglaubliches Wachstum prognostizieren, das eine Verschiebung der gesamten Geschäftsstrategie hin zur Automatisierung spezifischer Prozesse und zur Verringerung der Abhängigkeit von menschlichen Mitarbeitern bei sich wiederholenden Aufgaben führt. Denn Software-Bots können repetitive, arbeitsintensive, monotone Arbeiten effizienter und genauer ausführen als Menschen.

Von RPA zu SPA

Während viele Unternehmen noch damit beschäftigt sind, erste RPA-Projekte zu realisieren bzw. vielleicht sogar schon zu skalieren, schreitet die Entwicklung der Prozessautomatisierung unaufhörlich weiter voran. Ist die erste Generation von RPA in der Lage, strukturierte Daten mit einem vordefinierten Regelwerk zu automatisieren, entwickelt sich mit Smart Process Automation (SPA) durch die einfache Integration von Maschinellem Lernen (ML) eine Alternative zu den RPA-Wenn-Dann-Regeln und -Anweisungen. Kurz gesagt, SPA ermöglicht es RPA-Bots, von den Fähigkeiten der gesamten Automatisierungssphäre zu profitieren – einschließlich Künstlicher Intelligenz, Big Data und Maschinellem Lernen. Der Zweck von SPA besteht darin, die unstrukturierte Datenverarbeitung zu automatisieren, die die Software-Bots ohne Unterstützung nicht selbst verwalten können. SPA hievt RPA auf die nächste Automatisierungsstufe.

Innovative RPA Modelle für eine disruptive Transformation

Die Kombination von RPA mit Künstlicher Intelligenz (KI) und ML führt zu kognitiver Automatisierung und erweitert somit den Umfang der Prozesse, die automatisiert werden können. Von der Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) bis zum Maschinellen Lernen verfügt die intelligente Automatisierung über die Fähigkeit, Prozesse zu automatisieren, die kognitive Funktionen erfordern. Die in die Roboter-Prozessautomatisierung integrierten KI und ML führen zu einer disruptiven Transformation und zu digitalen Innovationen. Obwohl Unternehmen gerade nur an der Oberfläche der Möglichkeiten kognitiver Automatisierung kratzen, ist die Begeisterung bereits groß, innovative RPA-Modelle auf die Prozessautomatisierung anzuwenden, um Ausnahmen zu behandeln und unstrukturierte Daten zu automatisieren.

Kognitive Prozessautomatisierung verbessert die Entscheidungsfindung

Während sich im heutigen Geschäftsklima RPA hervorragend zur Automatisierung von Routineaufgaben eignet, wird die Einführung und Verfeinerung der Prozessautomatisierung mittels KI und ML die Software-Bots in die Lage versetzen, automatisiert deduktive und prädiktive Analysen sowie anspruchsvollere und komplexere Arbeiten durchführen zu können, die menschliche Fähigkeiten erweitern und die Entscheidungsfindung in allen Organisationen verbessern. Kognitive Prozessautomatisierung ist in der Lage, Ausnahmen zu handhaben und Entscheidungen zu koordinieren, die sich über ganze Prozesse erstrecken. Im Vergleich dazu geht es bei RPA darum, wiederholbare Aufgaben mit höchster Effizienz auszuführen. Während herkömmliche RPA Prozesse, basierend auf Daten in strukturierten Datenbanken, automatisiert, kann intelligente Automatisierung auch mit unstrukturierten Datenquellen arbeiten, einschließlich gescannter Dokumente, E-Mails, Briefe und Sprachaufzeichnungen.

Nahtlose Automatisierung vom Back-Office bis zum Front-Office

Die kognitive Automatisierung kann unstrukturierte Daten über die Verarbeitung natürlicher Sprache in strukturierte Daten umwandeln. Sie kann immer komplexere Prozesspfade und Eingabetypen verarbeiten, ohne dass menschliche Eingaben erforderlich sind. Sie kann selbst lernen, bestimmte Funktionen zu erweitern und bestimmte Aspekte ihrer Funktionalität kontinuierlich zu verbessern. Für die Zukunft bedeutet dies, dass Unternehmen in der Lage sein werden, mehr Prozesse vom Back-Office bis zum Front-Office zu automatisieren, und dies auf eine Weise, die ein nahtloses Kundenerlebnis bietet. Die kognitive Automatisierung kann Unternehmen dabei helfen, die Erwartungen in einer Welt zu erfüllen, in der Verbraucher einfache, transparente digitale Kundenreisen wünschen.

Erweiterte RPA-Technologie auch für komplexe Prozesse

Ob Smart Process Automation, Intelligent Automation (wie Forrester oder Ernst & Young sie nennen), Hyperautomation (Gartner) oder Cognitive Process Automation, die um intelligente Technologien erweiterte RPA wird das Spektrum der Prozesse um komplexere, weniger regelbasierte Prozesse, die innerhalb des Unternehmens automatisiert werden können, vergrößern. Dabei berücksichtigt die intelligente Automatisierung den gesamten Lebenszyklus eines automatisierten Prozesses über Tools und Funktionen hinweg auch im Hinblick auf die Gesamtkomplexität. Die Erweiterung der Automatisierung um intelligente Technologien führt auch zu noch größeren Kosteneinsparungen für Unternehmen. Trotz der Fortschritte, die die intelligente Automatisierung mit sich bringen wird, wird die RPA-Technologie auch in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle bei der Automatisierung und Integration aller möglichen Geschäftsprozesse spielen, um einen dauerhaften Wert für das Unternehmen zu erzielen.

RPA-Entwicklung für jedermann

Während die meisten RPA-Lösungen bis dato noch einen zeitaufwändigen Programmierprozess erforderten, zielen sogenannte No Code-RPA-Tools darauf ab, den Code-Bedarf für RPA vollständig zu reduzieren. Die No Code-RPA-Plattformen sind eine aufstrebende Technologie, die die Programmierung erheblich vereinfacht. Sie reduzieren die Entwicklungszeit und ermöglicht Unternehmen die schnelle und einfache Erstellung und Wartung von Automatisierungslösungen. Viele der No Code-Tools bieten visuelle Modellierungsumgebungen und liefern optimierte Anwendungen in kürzerer Zeit als die herkömmliche Handcodierung, häufig auch mit höherer Qualität. Mit Blick auf die Zukunft wird die No Code-Programmierung der Schlüssel sein, um die Entwicklung der Prozessautomatisierung mittels RPA voranzutreiben.

RPA zum Nulltarif

Mit dem Markteintritt von Microsoft in das RPA-Ökosystem wird es obendrein zu einer zunehmenden Kommerzialisierung von RPA kommen. Automatisierungsfunktionen, die noch vor wenigen Jahren von einer Handvoll Anbietern angeboten wurden, werden künftig mit Microsofts Power Automate Desktop zum Nulltarif verfügbar sein. Dem Aufbau einer wettbewerbsfähigen RPA-Lösung sind damit keine Grenzen mehr gesetzt. Die Nachfrage nach Open Source RPA-Tools wird ein Weiteres zur Verbreitung von RPA beitragen. Denn bei gleichen Bedingungen bevorzugen Unternehmen Open-Source-Lösungen, da sie mehr Transparenz bieten und tendenziell billiger sind, weil Unternehmen nur für Dienstleistungen bezahlen müssen.

Komplementär für ganzheitliche Automatisierungsstrategie

Nachdem RPA seine unbestrittenen Vorteile im täglichen Einsatz bewiesen hat, werden die Software-Bots künftig auch zu einem wichtigen Komplementär einer jeden ganzheitlichen, skalierbaren Automatisierungsstrategie. So werden sich beispielsweise RPA und Business Process Automation (BPA) in besonderer Weise gegenseitig ergänzen, um die Automatisierung über die gesamten Geschäftsprozesse hinweg zu skalieren und Unternehmen zu einem hohen Automatisierungsgrad zu führen, von dem Mitarbeiter profitieren, durch den die Kundenzufriedenheit steigt und das Unternehmen bessere Ergebnisse erzielt. Der Schlüssel zu BPA ist jeder einzelne „Prozess“, bei dem wiederholbare Aufgaben durch Software-Bots automatisiert ausgeführt werden, die in einem Unternehmen viel Zeit erfordern, z. B. das Übertragen von Dateien, das Generieren von Berichten oder das Extrahieren von Daten aus strukturierten Quellen. BPA sorgt dann dafür, dass jeder Schritt im Prozess automatisch den nächsten Schritt auslöst und so ganze Workflows im gesamten Unternehmen erstellt werden. Während RPA einzelne Aufgaben an Software-Roboter übergibt, übernimmt BPA einen gesamten Geschäftsprozess – und automatisiert ihn von Anfang bis Ende.

Mit RPA zur End-to-End-Automatisierung

Das bedeutet, dass Unternehmen künftig sowohl die Front-End-RPA-Technologie als auch die Back-End-API-Automatisierung mit Business Process Automation kombinieren können, um ihr Geschäft digital zu transformieren. Während die RPA-Technologie heute für die Automatisierung im Front-End, also auf der Ebene der Benutzeroberfläche (User Interface-UI), steht, nutzt die API-Automatisierung im Back-End-Bereich die Anwendungsprogrammierschnittstellen für Transaktionen mit höherer Kapazität. Die Kombination der beiden Technologien im Rahmen der BPA eröffnet Unternehmen unzählige Möglichkeiten der End-to-End-Automatisierung.

Von On Premise RPA zu RaaS

Nicht zuletzt durch die Möglichkeiten von RPA – auch in Kombination mit anderen Technologien – und den verfügbaren No Code-RPA-Entwicklertools wird die Automatisierungswelle nicht abebben – im Gegenteil. Kleine und mittlere Unternehmen werden nach Möglichkeiten suchen, Tools zur Geschäftsautomatisierung zu integrieren. Personelle und finanzielle Limitierungen zwingen viele Unternehmen, nach Alternativen zu suchen, um die Automatisierungslücke zu schließen. Das wird zur Etablierung eines ganz neuen Typs von Dienstleistung führen: RPA-as-a-Service (RaaS). Sogenannte RaaS-Anbieter stellen nicht nur die benötigten, externen Entwicklungsressourcen on demand bereit, damit auch diese Unternehmen auf der Automatisierungswelle mitschwimmen können, sondern bieten auch die Ressourcen zur Überwachung der operativen Software-Roboter durch buchbare Bot Monitoring Tools bis hin zum vollständigen RPA Outsourcing.

Second Level RPA

Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen werden die Automatisierung auf die nächste Stufe hieven, indem sie RPA intelligent bereitstellen. Gleichzeitig wird die Implementierung und Entwicklung von entsprechenden Software-Bots auch ohne Programmierkenntnisse möglich und eröffnet damit Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten. Nicht zuletzt durch den Markteintritt von Microsoft und die Entwicklung von Open Source basierten RPA-Tools wird sich der Wettbewerb unter den RPA-Anbietern verschärfen und damit die Nutzung von RPA zwecks Automatisierung von Geschäftsprozessen auch für kleine und mittlere Unternehmen erschwinglich machen.


Über Milad Safar

Milad Safar ist Managing Partner der Weissenberg Group, die er 2013 mit dem Ziel gründete, Prozesse durch den Einsatz von intelligenten Automatisierungslösungen effizienter zu gestalten. Schon während seines Studiums der Volkswirtschaftslehre interessierte er sich für zukunftsweisende Technologien. Getrieben durch die Erkenntnis, dass viele Prozesse wertvolle Arbeitszeit verschlingen, beschäftigt sich Milad Safar von Beginn seiner Beratertätigkeit an mit den Themen Digitalisierung, Robotics und Künstliche Intelligenz, zu denen er auch regelmäßig Vorträge hält, an Expertenrunden teilnimmt und Beiträge in namhaften Fachmagazinen veröffentlicht. Er ist Co-Buchautor des 2019 von WEKA Media herausgegebenen vierbändigen IT-Lexikons „Informationstechnologie von A-Z“. Als Initiator rief er 2018 das jährlich stattfindende AI Camp Wolfsburg ins Leben, eine Diskussionsplattform rund um die Themen Künstliche Intelligenz, Robotics, Maschinelles Lernen und deren Anwendung.

Weitere Informationen unter:
https://weissenberg-group.de/