Neues Wachstum in Montenegro

Die TREND-REPORT-Redaktion im Gespräch mit Armend Milla, Staatssekretär für Wirtschaft und Tourismus und Michael Bader, Unternehmer und Montenegro-Experte über die vielfältigen Chancen und Herausforderungen dieses schönen Balkanlandes.

Herr Milla, welche Möglichkeiten bietet Montenegro für Unternehmen?

Montenegro arbeitet seit Jahren daran, das Geschäftsumfeld im Land so attraktiv wie möglich zu gestalten. Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Tourismus hat in diesem Jahr fast 6,5 Millionen Euro für Programme zur Förderung des Unternehmertums bereitgestellt: für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, den Tourismus, die Entwicklung der verarbeitenden Industrie und die Entwicklung des Handwerks. Dieses Paket sah einen höheren Prozentsatz an nicht rückzahlbarer Unterstützung für Unternehmen vor, die in weniger entwickelten Gemeinden tätig sind, wobei der Schwerpunkt auf der nördlichen Region lag. Außerdem führen wir in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union zwei große Zuschussprogramme durch: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen durch die Förderung des Unternehmertums von Frauen und Jugendlichen und Unterstützung der Umsetzung der Strategie der intelligenten Spezialisierung (S3) durch Projekte. Alle Möglichkeiten für Unternehmer sind auf unserem Portal biznis.gov.me zugänglich und sichtbar.

Wir engagieren uns für die Entwicklung der Wirtschaft und bemühen uns, die staatlichen Mittel für Unternehmen jedes Jahr zu erhöhen.

Montenegro verzeichnete ein Wachstum von 7,1 % im ersten Quartal und 12,7 % im zweiten Quartal 2022. Welche Chancen sehen Sie für das laufende Jahr 2023?

 Was die Prognosen und Pläne für dieses Jahr angeht, sind wir optimistisch, aber auch vorsichtig. Gute Ergebnisse im Jahr 2022 lassen eine weitere Erholung der Wirtschaft erwarten, aber leider hängt nicht alles von uns ab. Die globalen Entwicklungen sind so, dass sich einige negative Trends bis ins Jahr 2023 fortsetzen werden. Dennoch ergreifen wir als verantwortungsbewusste Regierung alle notwendigen Maßnahmen, um alle Herausforderungen zu bewältigen und den Lebensstandard der Bürger und das Funktionieren der Wirtschaft zu schützen.

Es ist kein Geheimnis, dass der Tourismus einer der wichtigsten Motoren der montenegrinischen Wirtschaft ist. Wir sind jedoch nicht nur auf den Tourismus angewiesen. Wir haben großes Interesse von Investoren im Energiebereich, der Einfluss der IT-Industrie in Montenegro wächst, und es werden große Anstrengungen unternommen, den Bereich der Landwirtschaft zu stärken und die einheimische Produktion zu erhöhen.

Wir erwarten, dass diese Bereiche zusammen mit dem Tourismus und den ausländischen Direktinvestitionen die Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes sein werden, nicht nur in diesem, sondern, wie ich glaube, auch in den kommenden Jahren.

Welche Rolle spielt der Tourismus in diesem Zusammenhang?

 Wenn es um den Tourismus geht, der zusammen mit dem Dienstleistungssektor fast ein Drittel des BIP des Landes ausmacht, konzentrieren wir uns jetzt auf die Wintersaison und die umfangreichen Vorbereitungen für den kommenden Sommer, um die Qualität unseres touristischen Angebots zu verbessern und Montenegro auf den ausländischen Märkten zu fördern.

Nach den neuesten Daten der montenegrinischen Zentralbank beliefen sich die von ausländischen Touristen erzielten Einnahmen im dritten Quartal 2022 des vergangenen Jahres auf 916 Millionen Euro. Das entspricht einer 90-prozentigen Steigerung im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2019.

Die Gesamteinnahmen werden voraussichtlich mehr als 1 Milliarde Euro betragen. Unser Ziel ist es, Montenegro zu einem ganzjährigen Reiseziel zu machen und die Abgrenzung zwischen Sommer- und Wintersaison zu verringern. Wir blicken mit Optimismus auf das kommende Jahr und hoffen auf Erfolg.


“Nachhaltige Entwicklung ist ein Spektrum von Entwicklungs-Richtlininen, die sicherstellen, dass die Bedürfnisse von “heute” erfüllt werden, ohne die Bedürfnisse zukünftiger Generationen zu gefährden.”

Staatssekretär Armend Milla

Welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit für Montenegro und den Tourismus?

 Nachhaltige Entwicklung ist ein Spektrum von Entwicklungspolitiken, die sicherstellen, dass die Bedürfnisse von “heute” erfüllt werden, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse “morgen” zu erfüllen. Vereinfacht ausgedrückt ist nachhaltige Entwicklung eine wirtschaftliche Entwicklung, die ohne Raubbau an den natürlichen Ressourcen und der Umwelt, d. h. unter deren Erhaltung, erfolgt. Sie wurde 2015 von den Vereinten Nationen durch 17 Ziele (SDGs) klar definiert, auf die sich Montenegro konzentriert, weil auf diese Weise der “Glücksindex” unserer Bevölkerung wachsen wird. Es geht also nicht nur um “Brutto- und Netto”-Indikatoren, sondern auch darum, was nachhaltige Entwicklung ausmacht (eine Gesellschaft ohne Armut, eine Gesellschaft mit gesunden und gebildeten Menschen, starke Institutionen, Partnerschaften).

Deshalb konzentrieren wir uns darauf, Montenegro als ein weltweit anerkanntes Reiseziel zu vermarkten, das auf einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus ausgerichtet ist. Diese Art von Tourismus ist genau das, was die Touristen suchen, insbesondere nach der Covid19-Pandemie. Touristen, die aus hochbezahlten Märkten kommen, an denen wir uns langfristig orientieren, suchen nach Reisezielen, die verantwortungsvoll sind und einzigartige Erlebnisse bieten.

Deshalb gestalten wir Montenegro als ein inspirierendes Reiseziel, das Besucher dazu motiviert, über ihre eigenen Grenzen hinauszugehen, mit dem Wunsch, unsere Menschen, unsere Kultur und Traditionen und alles, was in unseren Genen steckt und uns zu etwas Besonderem und guten Gastgebern macht, kennen zu lernen.

Es handelt sich also um eine “Nachhaltigkeitskette” und eine verantwortungsvolle Interaktion zwischen allen Tourismusakteuren – der Tourismusindustrie, der lokalen Bevölkerung und den Touristen.

In der Absicht, die Anwendung nachhaltiger Praktiken im Tourismus zu fördern, ist Montenegro Mitglied des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) geworden, einer internationalen Dachorganisation, die sich mit der Schaffung und Umsetzung nachhaltiger Standards im Tourismus beschäftigt. GSTC ist ein verantwortungsbewusster Partner auf dem Weg zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung in Montenegro.

Wann rechnen Sie mit dem EU-Beitritt?

Ich glaube, dass diese Regierung alles tun wird, um ein Höchstmaß an Bereitschaft für den Abschluss neuer Verhandlungskapitel mit der EU zu erreichen, damit Montenegro so bald wie möglich das erste nächste Mitglied der Union werden kann. Wie Sie wissen, hängt es nicht nur von Montenegro ab, wann der Beitritt formell vollzogen wird.

Das Wichtigste für uns ist die Umsetzung der im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses erforderlichen Reformen, denn sie werden unseren Bürgern Vorteile bringen.

Was muss noch gemeistert werden und wo liegen die größten Herausforderungen?

Ich würde sagen, dass die globale wirtschaftliche und politische Krise, die auch auf Montenegro übergegriffen hat, derzeit eine der größten Herausforderungen darstellt. Doch Krisen kommen und gehen, und man sollte sie als Chance sehen, denn sie sind es, die uns dazu bringen, besser zu werden und Fortschritte zu machen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Montenegro mit seiner natürlichen Schönheit, seiner geografischen Lage und seinem Potenzial ein ernst zu nehmendes Reiseziel für den Welttourismus sein kann und sollte, mit einer entwickelten Landwirtschaft, Industrie und Energie. Ein kleines, aber entwickeltes Wirtschaftssystem, das sich selbst trägt und wohlhabend ist.

Um dies zu erreichen, brauchen wir Visionen, Wissen, engagierte Arbeit und Geduld, nicht nur von der Regierung, sondern von jedem Bürger dieses Landes. Ich bin optimistisch und glaube, dass unser Land als kleines System, in dem manchmal nur eine einzige wichtige Investition oder Politik zu einem großen Ergebnis führt, eine Chance hat, alle Hindernisse zu überwinden und bald Teil der Europäischen Union zu werden, die wir anstreben.

Geheimtipp: Montenegro, ein Land zum Urlaub machen und Auswandern, verriet uns der Montenegro-Experte und Unternehmer Michael Bader.

Michael, Du lebst jetzt seit 2006 in Montenegro, wie hat sich das Land bisher entwickelt?

Als ich zum ersten mal nach Montenegro kam, das war 2005, stand am Grenzübergang noch eine alte, verrostete Tafel „Herzlich willkommen in Jugoslawien“.

Seit dem hat sich viel verändert. Vieles hat sich zum positiven gewandelt, so ist z.B. Montenegro zurückgekehrt auf die Karte der Tourismusdestinationen (wenn auch nicht in dem Maße wie es sein könnte). Leider gibt es aber negative Veränderungen, dazu zählt in erster Linie das unkontrollierte und viel zu dichte Bebauen der Küstenstädte. Insgesamt jedoch überwiegt das Positive, insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Die Straßen sind besser geworden, die Flughäfen modernisiert, Mobilfunk und Internet auf besserem technischen Niveau wie in machen anderen europäischen Ländern.

Das Bild von Michael Bader entstand während Dreharbeiten von Tellvision für das SAT1 Reisemagazin “Grenzenlos”.

Was schätzt Du besonders an und in Montenegro?

Die Vielfältigkeit. So kann man im Frühjahr z.B. in den Skigebieten noch Skifahren während an der Küste die ersten Touristen bereits baden. Und dies gerade einmal mit 2 Stunden Fahrtzeit. Hinzu kommt die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen hier. Man hilft sich gegenseitig, es geht nicht immer nur ums Geld. Natürlich spielt auch die tolle Natur und das milde Klima eine wichtige Rolle. Ich empfinde es als Privilegium, am Meer zu leben. Viele Sachen laufen ruhiger und entspannter ab. Eine Sache, an die man sich als Deutscher natürlich erst einmal gewöhnen muss.

Wer sollte das Land an der Adria besuchen kommen?

Montenegro ist eigentlich eine Ganzjahresdestination. In der Winterzeit haben wir moderne und günstige Skigebiete im Norden des Landes. Gleichzeitig Ist der Winter an der Küste für Menschen interessant, die dem kalten und feuchten Klima in Deutschland entfliehen möchten. Die Badesaison an der Adria beginnt bereits im Mai und geht bis in de Oktober, teilweise sogar in den November hinein. Montenegro ist das Ideale Reiseziel für Menschen, die ein wenig ein Abenteuer-Gen in sich haben. Wer eine fertige und perfekte Tourismusdestination erwartet, der wird u.U. enttäuscht sein. Aber für einen Abenteurer, der gerne auch mal weiterfährt wenn der Asphalt aufhört, ist es ein Paradies. Es gibt einfach auf sehr kleinem Raum viel zu entdecken und zu erleben. Dies gilt für Hotelbesucher genauso wie auch für Individualtouristen in Ferienwohnungen und Camper.

Was kann ich in Montenegro erleben und wieviel Kultur bietet das Land?

Zum einen ist Montenegro natürlich ein ideales Urlaubsziel für den klassischen Badeurlauber. Hier sind insbesondere die langen Sandstrände im Süden des Landes hervorzuheben. Gleichzeitig ist das Hinterland mit den Nationalparks, Seen und Bergen ein perfekter Ort um Urlaub zu machen. Ruhe, Natur und teilweise noch unberührte Flecken laden zum entdecken ein. Viele unserer Gäste kombinieren dies und machen z.B. zuerst eine Woche Urlaub in den Bergen im Norden und dann noch eine oder zwei Wochen Badeurlaub am Meer. Hinzu kommen die Panoramastraßen. Ausgeschildert und teilweise mit kostenlosem Audioguide, leiten sie quer durch das Land und ermöglichen dem Besucher einen tieferen Einblick, auch in die Kultur. Kulturell sind natürlich die Altstädte an der Küste auf jeden Fall einen Besuch wert und auch die zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Jahr.

Du warst kürzlich im TV bei WDR und Sat1. zu sehen und hast uns Montenegro näher gebracht – ist es jetzt noch ein Geheimtipp?

Das kommt auf die Sichtweise an. Ausgehend davon, das Montenegro als Urlaubsland in Deutschland nach wie vor kaum bekannt ist – ja! Natürlich ist es auch bei uns, wie auch in anderen Ländern am Meer, im Sommer voll. In den Filmen haben wir zum Teil versucht, die Bereiche des Landes vorzustellen, die vielleicht noch am wenigsten bekannt sind. Für mich sind die Monate April/Mai/Juni sowie September/Oktober/November die schönsten. Mit nur wenigen Besuchern im Land lassen sich dann ganz entspannt die schönsten Orte genießen.

Wie nachhaltig hat sich der Tourismus entwickelt und was tust Du dafür?

Hierbei gibt es auch positive und negative Entwicklung. Das „zubetonieren“ der Küstenregion würde ich prinzipiell nicht als nachhaltig bewerten. Anstelle neuer Hotels zu bauen, die dann wiederum nur 6-8 Wochen im Jahr ausgelastet sind, könnte man diese finanziellen Mittel nutzen, um die bestehenden Objekte besser auszulasten. Indem man die Saison „breiter“ anstelle von „spitzer“ macht, könnte man viele Probleme lösen, auch was die Überlastung der Infrastruktur in den Sommermonaten angeht. Ich selbst habe unser Haus bereits 2012 mit dem Europäischen Umweltzeichen EU Ecolabel auszeichnen lassen und einige Kollegen sind dieser Idee gefolgt. Diese Betriebe arbeiten nach strengen ökologischen Vorgaben, soweit dies technisch im Land möglich ist. Dazu zählt auch der schonende Umgang mit Ressourcen wie Wasser und Strom. Weiterhin habe ich zahlreiche Projekte in dieser Richtung gestartet, wie z.B. die Sanierung einer „wilden“ Mülldeponie mit Hilfe Freiwilliger. Dafür wurde ich 2014 mit der höchsten touristischen Auszeichnung, dem „Wild Beauty Award“ ausgezeichnet. Es gibt aber auch noch weitere positive Beispiele. So wurde z.B. nach langer Auseinandersetzung die Saline von Ulcinj zurück in den Staatsbesitz geführt und ist nun als Naturpark geschützt.

Wo sind die schönsten Strände zu finden?

Montenegro hat vielfältige Strände. Wer Sand liebt ist insbesondere im Süden, bei Ulcinj gut aufgehoben. Dort gibt es den 13 km langen Sandstrand „Velika Plaza“. Auch bei Budva gibt es Sandstrände. Ansonsten hat Montenegro auch Kies- und Felsstrände, die mit besonders klarem Wasser überzeugen. Aufgrund der Größe Montenegros kann man den gesamten Küstenstreifen bequem mit dem Auto abfahren und prinzipiell jeden Tag an einem anderen Strand baden.

Wie und wann sollte man am besten nach Montenegro kommen?

April bis Oktober: Badeurlauber, aber auch Wanderer und Radfahrer im Hinterland

Frühjahr und Herbst: Wanderer, Kulturfreunde

Winter: Skifahrer, Überwinterer an der Küste

Wo liegen im Schnitt die Zimmerpreise und ist Camping auch möglich?

Die Preise in Ferienwohnungen und Apartments liegen, je nach Größe, Qualität und Saison im Schnitt zwischen 30 und 150 Euro (pro Unterkunft, nicht pro Person).

Hotelzimmer zwischen 80 und 200 Euro.

Camping ist möglich und wird immer beliebter. Wir haben im Süden Campingplätze mit direktem Meerblick.

Ich bin der erste Anlaufpunkt für Menschen, die ihre geschäftlichen Aktivitäten nach Montenegro verlagern wollen. Hierzu gehört die Begleitung bei der Firmengründung, die Eröffnung des Bankkontos und das Erlangen der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis.

Was machst Du als “Montenegro Experte” so?

Vieles. Die Vermarktung der Ferienwohnungen ist da noch der kleinste Teil. Als Präsident der Stiftung „Tourismuszukunft Montenegro“ bin ich zusammen mit unserem Experten-Team damit beschäftigt, die Vermarktung Montenegros im deutschsprachigen Raum voran zu treiben. Ausgehend davon, dass Montenegro in den 70er und 80er Jahren über 50% Touristen aus Deutschland hatte (heute sind es gerade mal 4-6%) erkennt man schnell, welches Potential dort liegt. Das „auffüllen“ der Nebenzeit wird nur gelingen, wenn wir mehr westeuropäische Gäste gewinnen können. Und da spielt Deutschland eine ganz entscheidende Rolle.

Wir entwickeln touristische Produkte und sind gleichzeitig beratend bei den zuständigen Ministerien und Institutionen tätig. Gleichzeitig arbeite ich als Mitglied der Tourismuskommission des Deutsch-Montenegrinischen Wirtschaftsclubs mit meinen Kollegen daran, Barrieren, welche für den Tourismus schädlich sind, zu verstehen und abzubauen.

Ein aktuelles Thema ist derzeit die maximale Aufenthaltsdauer für Touristen. Diese ist (wie auch für Montenegriner in der EU) auf max. 90 Tage begrenzt. Derzeit haben viele Menschen den Wunsch, in wärmeren Gebieten zu überwintern. Insbesondere auch wegen der hohen Energiekosten in Deutschland. Leider können wir diese Zielgruppe derzeit nicht bedienen, da diese Touristen bereits nach drei Monaten wieder ausreisen müssen. Wenn wir also diese Zielgruppe haben möchten, müssen wir die entsprechenden gesetzliche Voraussetzungen dafür schaffen. Zusätzlich bin ich mit meiner 15-jährigen Erfahrung vor Ort auch der erste Ansprechpartner für Menschen, die nach Montenegro auswandern möchten. Hier geht es dann insbesondere um die entsprechenden Papiere für die Aufenthaltserlaubnis, Beglaubigungen, Übersetzungen, sowie Kontakte zu Immobilienmaklern, usw.

Inwieweit hat die Inflation und der Krieg die Lebensbedingungen in Montenegro verändert?

Montenegro nutzt als Zahlungsmittel den EURO. Viele Produkte müssen importiert werden. Somit sind auch hier die Preise entsprechend gestiegen. Dies ist besonders dramatisch vor dem Hintergrund der niedrigen Einkommen der Bürger von Montenegro. Zwar hat die Regierung den Mindestlohn auf 450 Euro angehoben jedoch ist auch damit ein Überleben kaum möglich. Durch den Krieg bzw. die Sanktionen der EU gegen Russland, sind zudem die russischen Touristen ausgeblieben, welche traditionell eine große Gruppe ausmachen.

Könnten deutsche Rentner, mit schmalen Budget, in Montenegro überleben?

Absolut! Mit einer durchschnittlichen Rente in Höhe von 1.400 Euro wird es schwer sein, in Deutschland zu überleben. In Montenegro wird man damit gut klar kommen. Ich selbst habe einige Rentner bei ihrer Auswanderung nach Montenegro begleitet. Sie haben ihr Haus in Deutschland verkauft, in Montenegro gekauft und lassen sich nun die Rente hier her überweisen. Es gibt ein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland, d.h. die Rentner sind auch hier krankenversichert.

Ist es für deutsche Staatsbürger möglich Grund und Boden in Montenegro zu erwerben?

Prinzipiell ja. Es gibt allerdings Dinge, die zu beachten sind. So sind z.B. viele Grundstücke als „Argrarland“ ausgewiesen auf welche man offiziell nicht bauen darf. Wir bieten Interessenten eine unabhängige Experten-Analyse an, die man vor dem Kauf durchführen sollte, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Leider gibt es aber auch immer wieder Käufer, die am Ende mit einem wertlosen Stück Land da stehen.

Wie unterstützt Du Unternehmen, Freelancer und Mobile-Worker, die sich für den Standort Montenegro interessieren?

Aufgrund meiner 15-jährigen Erfahrung bin ich der erste Anlaufpunkt für Menschen, die ihre geschäftlichen Aktivitäten nach Montenegro verlagern wollen. Hierzu gehört die Begleitung bei der Firmengründung, die Eröffnung des Bankkontos und das Erlangen der Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis.

Was sollten Unternehmen beachten, die sich in Montenegro niederlassen wollen?

Auch wenn der Steuersatz in Montenegro (9-15%) niedrig ist, müssen jedoch einige Dinge beachtet werden:

  • Montenegro nimmt nicht am SEPA Zahlungsverkehr teil, d.h. Überweisungen sind relativ teuer.
  • Es gibt kein Reverse-Charge Verfahren was die Mehrwertsteuer betrifft. D.h. bei einigen Dienstleistungen muss die Rechnung plus 21% MwSt gestellt werden, da natürlich das montenegrinische MwSt-Gesetz gilt! Der deutsche Kunde kann diese jedoch NICHT als Vorsteuer geltend machen.

Dies sind nur zwei Beispiele. Es gibt natürlich noch vieles mehr zu beachten, weswegen eine umfassende Beratung ggfs. mit dem Steuerberater bei uns vor Ort empfohlen ist.

Über den Interviewpartner

Michael Bader

Montenegro Experte

Als Präsident des NGO STIFTUNG TOURISMUSZUKUNFT MONTENEGRO trägt er zur Förderung des Tourismus in Montenegro bei. Bis 2020 war er als selbstständiger Consultant für das UNDP Programm „Reduziere deinen CO2 Fussabdruck“ aktiv. Seit 2012 verantwortet er die Beratung und Prüfung von Tourismusbetrieben zum EU Ecolabel im Auftrag der Europäischen Kommission.

Als Inhaber von UTJEHA.ME, Vermietung von Luxus-Ferienwohnungen, war er der erste EU Ecolabel zertifizierter Tourismusbetrieb in Montenegro.
info@utjeha.me

Meet the Expert

Vom 22.02. -26.02.2023 steht Herr Bader
interessierten Urlaubern auf der Reise- und Freizeitmesse f.re.e. in München Rede und Antwort

Aufmacherbild/Quelle/Lizenz
Bild von Michael Römer auf Pixabay 

Creative Commons Lizenz CC BY-ND 4.0

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