Ob Unternehmen Kunden gewinnen und binden können, hängt im digitalen Zeitalter maßgeblich vom Wohlfühlfaktor ab. Customer Journey Mapping (CJM) schafft Transparenz über die Kundenreise und legt die Basis für bessere Nutzererfahrungen.

Bevor es so viele digitale Optionen gab wie heute, war das Vorgehen von Kunden, die ein Produkt kaufen wollten, ziemlich geradlinig. Sie besuchten eine Filiale, stellten ein paar Fragen, nahmen Broschüren mit weiteren Details mit und kauften das Produkt, das am besten passte.

Heute ist dieser Weg auch digital, findet zum Teil bequem vom Büro oder Wohnzimmer aus statt, oder unterwegs über ein Mobilgerät. Manchmal konsultiert der Kunde einen Berater – aber vertraut schon lange nicht mehr nur seiner Empfehlung. Er holt sich Rat bei Freunden, Kollegen und Familie. Er recherchiert im Internet und liest Rezessionen. Er fragt in den sozialen Medien nach Empfehlungen und studiert Testberichte.

Auf jedem Schritt dieses Wegs muss ein Unternehmen den Interessenten überzeugen, sich für sein Produkt und nicht für das eines Mitbewerbers zu entscheiden. Das ist nicht einfach. Ein gut durchdachtes Customer Journey Mapping (CJM) soll helfen, den Kunden besser zu verstehen, ihn auf sich aufmerksam zu machen und jede seiner Interaktionen positiv zu gestalten.

Aber hält das Customer Journey Mapping, was es verspricht? Wie wird es eingesetzt? Wer ist dafür verantwortlich? Und woran scheitern CJM-Initiativen? Dazu hat MyCustomer in Zusammenarbeit mit Quadient einen Forschungsbericht veröffentlicht. Er basiert auf einer weltweiten Umfrage unter 248 Customer Experience Experten in EMEA, Nordamerika und Pazifik.

Wie verbreitet ist das Customer Journey Mapping?

Die erste wichtige Erkenntnis der Studie: Auch wenn das Customer Journey Mapping kein neues Konzept ist, ist diese Disziplin für die meisten Unternehmen noch relativ neu. In der Umfrage gaben zwar 67 % der Teilnehmer an, dass sie zurzeit ein Customer Journey Mapping verwenden. Ein Drittel (32 %) von ihnen tut dies aber erst seit weniger als einem Jahr, und ein weiteres Drittel (30 %) hat weniger als drei Jahre Erfahrung damit.

Die Studie lässt jedoch deutlich erkennen, dass die Verbreitung des CJM steigen wird: Ein Drittel (34 %) der Nicht-Nutzer planen, in den nächsten 12–18 Monaten in diesem Bereich zu investieren, und haben bereits ein Budget dafür eingerichtet.

„Das Kundenerlebnis ist für viele Unternehmen heute ein wichtiges Differenzierungsmerkmal, da Verbraucher nicht mehr nur auf Preis und Produkt achten“, schreibt CJM-Berater Laurent Ghio. „Das Customer Journey Mapping ist der erste Schritt für Unternehmen, die ein hervorragendes Kundenerlebnis bieten wollen.“

Was sind die größten Erfolge des Customer Journey Mapping?

Der Grund für die zunehmende Nutzung von Customer Journey Mapping ist, dass es funktioniert. In der Studie berichteten 85 % derjenigen, die ein Customer Journey Mapping verwenden, von positiven oder sehr positiven Auswirkungen auf ihr Kundenerlebnis. Außerdem gaben 71 % von ihnen an, dass die Mapping-Projekte zu höherer Kundenzufriedenheit führten; ebenfalls genannt wurden ein Rückgang der Kundenbeschwerden (48 %) und eine Reduzierung der Kundenabwanderung (40 %).

Aus der Studie lassen sich weitere Erkenntnisse gewinnen.

Die Hälfte der Anwender, deren CJM-Programme von mehreren Beteiligten oder vom COO geleitet werden, berichteten von „extrem positiven“ Ergebnissen. Allgemein besteht eine positive Korrelation zwischen guten Ergebnissen und einer hochrangigen Leitung der Initiative. Und hier kommt es vor allem auf die Kooperation der Geschäftsleitung an. „Sich die Unterstützung des CEO zu sichern und dafür zu sorgen, dass er oder sie sich sichtbar für das Projekt engagiert, ist erfolgskritisch“, erklärt Isabelle Conner, CCO und CMO bei der Generali-Versicherungsgruppe. (Quelle: Der Aufstieg des Customer Experience Officer, Quadient)

Für den Erfolg der Initiative ist auch entscheidend, wie viel Erfahrung das Unternehmen mit Customer Journey Mapping sammeln konnte. Je länger es ein Unternehmen anwendet, desto besser die Ergebnisse. Alle Teilnehmer, die das Customer Journey Mapping seit über 10 Jahren einsetzen, bewerten es als „positiv“ oder „extrem positiv“. Dem gegenüber stehen nur 70 % der Teilnehmer, die es weniger als ein Jahr einsetzen. Damit zusammenhängen dürfte auch folgende Erkenntnis der Studie: Je länger Unternehmen das Customer Journey Mapping verwenden, desto häufiger setzen sie externe Experten ein.

Woran scheitern CJM-Programme?

Die Studie ergab, dass mangelndes Wissen bzw. Bewusstsein zu den Vorteilen das größte Hindernis für eine Einführung des Customer Journey Mapping war: Es wird von mehr als der Hälfte (54 %) der Teilnehmer genannt, die noch kein CJM nutzen. Ein weiteres Drittel (36 %) berichten, dass ihnen die passenden Kompetenzen für eine Einführung des CJM fehlen. Das CJM ist zwar schon seit einiger Zeit eine anerkannte Disziplin, aber offensichtlich ist hier noch Aufklärungsarbeit nötig.

Bei einem Viertel (25 %) der Nicht-Nutzer fehlt die Unterstützung der Unternehmensleitung. Eine CX-Initiative kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, den Kunden in den Mittelpunkt aller strategischen Entscheidungen zu stellen. Also in den Chefetagen.

Zudem sind Investitionen notwendig, um die aktuelle Customer Journey bzw. Customer Experience zu erfassen. In der Studie nennen ein Viertel (25 %) der Teilnehmer, die noch kein CJM eingeführt haben, Budgets als ein wesentliches Hindernis. Ein Drittel (38 %) fühlen sich durch fehlende Technologie bzw. Tools behindert.

Gewonnene Erkenntnisse

Früher war die Customer Journey ein linearer Weg. Heute sieht der übliche Kauftrichter eher wie ein komplexes Spinnennetz aus. Es wird immer schwieriger, zu verstehen, wann und wo ein Kunde gewonnen oder verloren wurde und was ihn auf diesem Weg beeinflusst hat.

Während viele Unternehmen bisher jede Kundeninteraktion wie ein isoliertes Ereignis behandeln, hilft das Customer Journey Mapping ihnen, das Spinnennetz zu entwirren und die Komplexität der modernen Customer Journey nachzuvollziehen. Es hilft, den gesamten Weg des Kunden zu durchdringen, seine Präferenzen und Wünschen zu berücksichtigen und folglich das gesamte Kundenerlebnis zu verbessern.

Bei der Umfrage von MyCustomer und Quadient stellte sich jedoch heraus: Das Customer Journey Mapping ist nach wie vor eine relativ neue Disziplin. Nur 18 % der Befragten nutzen es seit mehr als fünf Jahren. Und ein Drittel der Befragten (33 %) gaben an, dass sie CJM gar nicht verwenden. Die Einführung von Customer Journey Mapping kann an vielen Herausforderungen scheitern: Entweder ist die Akzeptanz der Unternehmensleitung zu gering oder es fehlen schlicht weg die notwendigen Ressourcen. In erster Linie scheitert es aber am fehlenden Wissen über das richtige Vorgehen und über den immensen Nutzen.

Sind diese Herausforderungen erst einmal überwunden, lohnt sich die Investition. Eine deute Mehrheit (85 %) der Teilnehmer, die CJM verwenden, berichteten von positiven und extrem positiven Ergebnissen: die Kundenzufriedenheit und der Net Promoter Score steigen, während die Kundenbeschwerden und Anrufe beim Kundenservice abnehmen.

Über den Autor

Jochen Razum ist Geschäftsführer der Quadient CXM Germany GmbH.

Quadient unterstützt mehrere Hunderttausend Unternehmen auf der ganzen Welt dabei, mit ihren Kunden in Verbindung zu bleiben. Der Fokus liegt auf vier Kernbereichen der modernen Kundeninteraktion: Geschäftsprozessautomatisierung, Mailinglösungen, Customer Experience Management und Paketschließfachlösungen. Das Unternehmen ist weltweit in 90 Ländern tätig und beschäftigt ca. 5.600 Mitarbeiter.

Aufmacherbild / Quelle / Lizenz
Photo by Ian Schneider on Unsplash