Marketing-Transformation

Gastbeitrag von Jenny Gruner

Zeit, die Customer Experience in den Mittelpunkt zu stellen – und so gehen Sie vor

„Transformation“ lautet das Schlagwort der Stunde. Das gilt für viele Bereiche des Wirtschaftslebens, aber für das Marketing im Besonderen. Hier geht es vor allem darum, die Agilität zu erhöhen, um schneller und treffender als bisher auf die Kundenbedürfnisse eingehen zu können.

Die Mehrheit der Unternehmen weiß um die große Bedeutung der digitalen Transformation im Marketing, die übrigens keine ursächliche Corona-Folge ist, wie es leichthin immer wieder gerne geschrieben wird. Tatsächlich postulierte dies bereits der Wirtschaftswissenschaftler Philip Kotler mit seinem Marketing 4.0-Modell. In der Praxis gibt es aber offensichtlich noch einige Hindernisse. So bescheinigen sich laut dem aktuellen Marketing Tech Monitor drei Viertel der befragten Unternehmen ein hohes oder sehr hohes Bewusstsein für den Wandel. Nur elf Prozent erkennen im eigenen Unternehmen aber auch eine hohe Konsequenz bei der Umsetzung. Etwa die Hälfte der Befragten (55 Prozent) sucht nach eigenen Angaben noch die Richtung, in die das Marketing künftig steuern soll.

Wenn wir uns an Kotler und die Erfahrungen und Erkenntnisse der vergangenen Jahre halten, kann es nur eine Richtung geben, in die sich das Marketing entwickeln muss: Es muss kundenzentrierter werden. Das bedeutet, dass es sich auch agiler, qualitativ hochwertiger, flexibler und transparenter entwickeln sollte. Ich bin davon überzeugt, dass der Anteil des Marketings am Gesamterfolg eines Unternehmens durch einen solchen Ansatz, der immer die Zielgruppe im Blick hat, noch zunehmen wird. 

Transformation bedeutet immer Veränderung. Die entscheidende Frage muss also lauten, was sich wie ändern muss. An welchen Stellschrauben muss ein Unternehmen drehen, um sein Marketing zukunftsgewandt und damit agiler auf die Kundenbedürfnisse hin auszurichten?
Dazu sollten folgende vier Punkte in den Blick genommen werden:


„Sie müssen bereit sein, sich auf Fragen der User Experience einzulassen und eine gewisse Lust entwickeln, auch Daten-Analysen in ihre Arbeit einfließen zu lassen. „


Jenny Gruner
Director Global Digital Marketing von Hapag-Lloyd

Das richtige Skill Set

Firmen sollten sich nicht nur um die strategische Ausrichtung kümmern, sondern auch ihre Mitarbeitenden dazu befähigen, die digitale Marketing-Transformation wirklich anzupacken. Dazu müssen sie digitale Geschäftsmodelle verstehen können und im Idealfall sogar in der Lage sein, diese mitzuentwickeln. Sie müssen bereit sein, sich auf Fragen der User Experience einzulassen und eine gewisse Lust entwickeln, auch Daten-Analysen in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Nicht zu vergessen ist zudem die echte Bereitschaft, in Netzwerken agil arbeiten zu können und zu wollen. Kurz: Sie benötigen einen Dreiklang an Skills, der neben technologischen auch digitale und soziale Kompetenzen umfasst.

So reicht es zum Beispiel nicht, dass die Mitarbeitenden agile Methoden wie Scrum und Kanban kennen, sie müssen auch abteilungsübergreifend mit ihren Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten, um den Kunden erfolgreich in den Mittelpunkt zu stellen. Um datengetriebenes Marketing zu betreiben, benötigen sie Know-how zur Datenanalyse und zumindest ein Verständnis von künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Auch die Kommunikation zum Kunden und somit ein schlagkräftiges Content Marketing braucht neben Kreativität und kommunikativen Kompetenzen vor allem die Fähigkeit zum Storytelling.

Wir können also zusammenfassen: Nur wenn bei den Mitarbeitenden soziale, digitale, technologische und fachliche Skills zusammenspielen, können Unternehmen die digitale Transformation, die sie im Marketing anstreben, auch wirklich stemmen.

Echte agile Arbeitsweisen

Elementar für einen agilen Ansatz im Marketing ist die Idee, das Feedback der Kunden und ihre Bedürfnisse zeitnah in die eigenen Maßnahmen zu integrieren und diese entsprechend zu optimieren.

Wie oben bereits angedeutet, sind die Arbeitsweisen, in denen diese neue Form des Marketings am besten gelingt, Methoden wie Kanban, Scrum oder Design Thinking. Damit ist klar: Wir müssen uns in der Umsetzung weg vom alten Wasserfallmodell (linear und nicht iterativ) bewegen. Dazu gibt es jedoch kein Patentrezept. Jede Marketingabteilung ist individuell und entsprechend müssen auch die Transformationsprozesse angepasst werden. Ausprobieren heißt hier die Devise – getreu dem (agilen) Motto: „Fail fast. Fail often. Learn.“

Bei der Umsetzung ist es unabdingbar, dass Alle möglichst transparent über sämtliche aktuellen und geplanten Schritte informiert sind. Ein Kanban Board in Verbindung mit kurzen 15-minütigen Dailys sind erfahrungsgemäß ein wichtiger Bestandteil einer neuen agilen Arbeitsweise.

Grundsätzlich geht es bei agilem Arbeiten darum, diesen methodischen Weg kontinuierlich weiterzugehen und dabei immer beweglich zu bleiben. Es geht darum, Dinge auszuprobieren, zu lernen und zu optimieren. Führt ein Weg in eine Sackgasse, dann probieren Sie einfach den nächsten aus. Es geht eben nicht um Fehlervermeidung, sondern um Learnings. Schnell werden Sie feststellen, dass Agilität wirklich zu einer Steigerung der Qualität, höherer Flexibilität und mehr Transparenz führt.


„Es geht darum, Dinge auszuprobieren, zu lernen und zu optimieren. Führt ein Weg in eine Sackgasse, dann probieren Sie einfach den nächsten aus.“


Ein datengetriebenes Vorgehen

Die Kunden im Jahr 2022 sind weit informierter, vernetzter und fordernder als jemals zuvor. Sie erwarten auf sie zugeschnittene Botschaften, die für sie relevant sind. Gleichzeitig springen sie auf ihren Endgeräten und Kanälen zwischen verschiedenen Touchpoints hin und her. Für jeden dieser Kontaktpunkte brauchen wir also passende Botschaften. Gleichzeitig hinterlassen die Kunden an jedem dieser Touchpoints auch einige für uns interessante Daten, sprich Informationen, die es uns erlauben, den Konsumenten und sein Verhalten zu analysieren und so besser zu verstehen. Nur deshalb sind wir in der Lage, ihn auf seiner Reise mit relevanten Botschaften und Produkten zu begleiten.

Wenn wir also von Kundenzentrierung sprechen, geht es immer auch darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welchen Daten sich an welchen Touchpoints gewinnen lassen und wie man sie so aufbereitet und analysiert, dass sich daraus auch sinnvolle Handlungsempfehlungen entwickeln lassen.

Die richtige Struktur  

Das richtige Skillset, passende agile Arbeitsweisen und ein stetiger Blick auf die Daten führen allerdings nur dann zum Erfolg, wenn wir auch die Strukturen, in denen wir arbeiten, so flexibel aufgestellt haben, dass sie schnelle Entscheidungen und Reaktionen auf sich wandelnde Kundenbedürfnisse zulassen. Klassische funktionale oder hierarchische Organisationsstrukturen mit limitiertem Gestaltungsspielraum haben ausgedient. Marketing und Kommunikation müssen neu und rund um die Customer Journeys definiert werden. Es geht darum, vom Silo- zu einem Netzwerk-Denken und -Handeln zu kommen.


Struktur + Daten + Agile Work + Future-Skills = Erfolg


Nur wenn unterschiedliche Experten innerhalb eines Unternehmens transparent zusammenarbeiten und die Informationen frei fließen können, ist letztlich eine echte Kundenzentrierung möglich. Wichtig hierbei ist, für jedes Unternehmensein individuelles Organisationsmodell zu entwickeln, welches zu den eigenen Produkten, der Marktsituation und den Zukunftsaussichten passt. Von qualifizierten, interdisziplinär besetzen Projektteams mit klarer Zielvorgabe bis zur projektzentrischen Organisation mit Tribes wie bei Spotify ist vieles möglich. Somit gilt es auszuprobieren. Es muss zum Unternehmen passen, denn „Structure follows Strategy“.

Wir halten also fest, bei der Transformation im Marketing kommt es auf folgende Formel an: Struktur + Daten + Agile Work + Future-Skills = Erfolg.

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