Lieferketten-Sorgfaltspflichten erfolgreich umsetzen

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist in Deutschland bereits beschlossene Sache. Nun müssen Unternehmen die neuen Vorgaben in die Praxis umsetzen. Mit welchen technischen Hilfsmitteln sie dies angehen können und was diese Tools künftig noch leisten könnten, erfahren Sie hier im zweiten Teil des Gesprächs mit Compliance-Experte Magnus Piotrowski, Manager, Regulatory & Compliance (Europa) bei Assent.

Herr Piotrowski, wie sollten Unternehmen jetzt reagieren, um ihren Sorgfaltspflichten in den globalen Wertschöpfungsketten nachzukommen?

Wer erst jetzt reagiert, ist oft schon unter Zeitdruck, schließlich muss die Umsetzung in die Praxis bei den ersten Unternehmen schon ab 2023 erfolgen. Um das zu schaffen, brauchen Unternehmen Zugang zu Expertise und außerdem eine umfangreiche Datenbasis zu ihrer Lieferkette und ihren Zulieferern. Sie müssen dokumentieren, dass sie die konkretisierten gesetzlichen Anforderungen einhalten.

Weil aber meistens eine Vielzahl an Unternehmensteilen betroffen ist und, wie bereits erwähnt, aus der Vergangenheit oft wenig Expertise vorhanden ist, fragen sich viele, woher sie das Fachwissen und die Daten nehmen sollen. Intern dürften viele Unternehmen nicht die Kapazität haben, um diese Aufgabe zu stemmen. Eine zuverlässige und relativ schnelle Option ist der Rückgriff auf Drittanbieter wie Assent, die sich auf das Nachhaltigkeitsmanagement in Lieferketten spezialisiert haben.

Auf welche Weise hilft Assent dabei?

Wir unterstützen Unternehmen bei der Verwaltung ihrer Lieferkettendaten und dabei, mehr Transparenz zu bekommen. Dank der Plattform von Assent können Unternehmen nahezu alle Datenanforderungen erfüllen. Unser Software- und Service-Angebot bezieht sich auf drei Bereiche: Produkt- und Material-Konformität, ESG-Kriterien und Handelsinformationen.

Inwieweit können Sie Unternehmen dabei unterstützen, die neuen Reglungen und Pflichten einzuhalten und umzusetzen?

Zum einen verfügen wir durch unsere Spezialisierung über die nötigen Compliance-Experten, die Unternehmen bei der Umsetzung der Lieferketten-Gesetzgebung unterstützen. Diese sind in Unternehmen selbst oft nicht vorhanden, da sie nicht den typischerweise benötigten Kompetenzen und Rollen entsprechen.

Dazu haben wir unser Software-Angebot, das die Transparenz in der Lieferkette erhöht und durch Automatisierung und Datenzentralisierung Risiken hinsichtlich ESG und Product-Compliance minimiert.


„Intern dürften viele Unternehmen nicht die Kapazität haben, um diese Aufgabe zu stemmen.“

Magnus Piotrowski – Assent

Teil I des Interviews finden Sie unter:
Sorgfaltspflicht: Ein Thema für die Chefetage


Unser Interviewpartner:

Magnus Piotrowski ist Manager, Regulatory & Compliance (Europa) bei Assent Inc. (Assent). Die Cloud-basierte Software des Anbieters unterstützt Unternehmen dabei, ihre Lieferkettendaten einzusetzen, um Nachhaltigkeits-Anforderungen aus globalen Vorschriften zu erfüllen.

Mehr zum Unternehmen auf: https://assentcompliance.de

Assent beschafft Unternehmen also die benötigten Daten?

Wir haben über 900 Mitarbeitende, die gezielt an der Thematik von Compliance in der Lieferkette involviert sind. Wir setzen automatisierte Verfahren für die Lieferanteneinbindung ein und verwenden eine logikgesteuerte Datenvalidierung, um effizient Daten zu erheben, die mit sozialer Verantwortung von Unternehmen, Produktkonformität und Lieferantenmanagement zusammenhängen

Wie stellen Sie sicher, dass sie dabei aktuelle gesetzliche Entwicklungen berücksichtigen?

Unter unseren Beschäftigten ist auch ein Team aus über 20 Experten, das sich mit regulatorischen Themen rund um Nachhaltigkeitsaspekte, oder auch weiteren ESG-Kriterien in der Lieferkette wie Material Compliance, Product Compliance und Trade Compliance befasst. Wir sind so aufgestellt, dass wir sowohl auf nationaler und auf internationaler Ebene einen breiten Einblick in die regulatorische Entwicklung sicherstellen können.

Lassen Sie uns bitte noch einen Blick in die Zukunft werfen. Welche Herausforderungen erwarten Compliance-Verantwortliche vergleichbarer Branchen und Organisationsgrößen für die kommenden zwei Jahre?

Die EU hat das Thema Compliance radikal beschleunigt. Verschiedene Compliance-Bereiche, die bislang parallel liefen, kommen in Zukunft immer mehr zusammen. Dieses Zusammenkommen, auch im Bereich eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements, wird Unternehmen und Compliance-Verantwortliche in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen. Hier ist vor allem der Punkt der Reporting-Pflichten in der EU-Gesetzgebung hervorzuheben. Compliance wird ein integraler Bestandteil des Unternehmenserfolgs.


“Die größten Herausforderungen liegen darin, die nötigen Einblicke in die Lieferkette zu bekommen, zu sammeln und zu protokollieren. “

Magnus Piotrowski

Welche Anforderung stellt das neue LkSG an Compliance-Management-Systeme?

Durch das LkSG werden Menschenrechtsthemen gesetzlich verpflichtend. Um diese Anforderungen zu erfüllen, braucht es klare Strukturen. Bisherige Compliance-Systeme sind darauf nicht ausgerichtet, da Themen wie Korruption oder produktspezifische Compliance im Vordergrund standen.

Weil ESG alle Unternehmensbereiche betrifft, müssen sich Compliance Officers als Moderator der unternehmensweiten Diskussion verstehen, die den ganzheitlichen Marktzugang betrifft und den Unternehmenserfolg beeinflusst.

In welchem Kontext stehen dazu die digitale Transformation und der digitale Reifegrad von Unternehmen?

Ein hoher digitaler Reifegrad ist insofern hilfreich, da es dadurch prinzipiell einfacher ist, die benötigten Daten zu sammeln und anschließend zu verwalten und nachzuweisen. Das allein reicht aber nicht. Es bleiben immer noch die Aufgaben, zu wissen, welches Daten überhaupt relevant sind, diese aus der Lieferkette zu beschaffen und sich laufend über veränderte Anforderungen zu informieren. Hier gilt es, den digitalen Reifegrad mit spezialisierter Software und Services zu verbinden.

Können Sie hier noch ein Beispiel geben, wie die Digitalisierung helfen kann, die Risiken bei einem Verstoß gegen das Sorgfaltspflichtgesetz möglichst gering zu halten?

Lassen Sie mich die Software von Assent als Beispiel nehmen: Die Verwaltung der Informationen, die für die Einhaltung der Vorschriften nötig sind, wird dadurch signifikant erleichtert. Die Erfassung der Daten wird dadurch effizienter, dass die Einbindung von Lieferanten und Datenvalidierungsprozesse automatisiert werden. Das Zentralisieren der Daten verbessert die Geschäfts- und Risikoanalyse. Dadurch entsteht Transparenz, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten wird einfacher und das Risiko von Markenschäden und Geschäftsunterbrechungen sinkt.

Die Plattform optimiert die Kommunikation mit Lieferanten in der Supply Chain. Außerdem lassen sich beispielsweise auch Herkunftslandinformationen erfassen oder Informationen zu Ländern, in denen gefährliche Stoffe bestimmten Vorschriften unterliegen. So fällt es Unternehmen leichter, Programme im Zusammenhang mit sozialer Verantwortung zu entwickeln.

Durch die Module der Assent Plattform können Unternehmen nahezu alle Datenanforderungen erfüllen, die sich aus Vorschriften ergeben.

Können auch Texterkennung, Textanalyse und maschinelles Lernen (KI) helfen, das Risiko zu senken?

Die große Herausforderung für Unternehmen besteht nicht nur darin, Daten einzuholen. Sie müssen diese auch effizient validieren und analysieren, um dadurch entsprechende Risiken frühzeitig erkennen und abschätzen zu können. Auf lange Sicht werden Technologien wie Textanalyse oder KI ein Werkzeug darstellen, solche Daten schneller auswerten zu können. Natürlich muss die Technologie dabei aber auch auf diesen bestimmten Zweck eingelernt werden. Sprich unmittelbar wird KI daher zunächst nur begrenzte Möglichkeiten bieten, langfristig gesehen jedoch als ein wertvolles Hilfsmittel bei der Datenanalyse unterstützen. Bei Assent selbst arbeiten wir schon seit mehreren Jahren mit KI. Wir nutzen diese beispielsweise zur Validierung von Daten. Mit den Erfahrungen, die wir in diesem Bereich bislang gemacht haben, sind wir gut aufgestellt, um entsprechende Technologie zu ihrem besten Nutzen einzusetzen.

Wenn wir zuletzt noch in die Zukunft blicken: Inwieweit könnten Technologien rund um die Blockchain helfen die Resilienz und Compliance in Lieferketten zu verbessern?

Wie in vielen anderen Bereichen werden Blockchain-Technologien auch im Zusammenhang mit Lieferketten und Lieferketteninformationen breit diskutiert. Im Einsatz der Blockchain steckt durchaus Potenzial, etwa bezogen auf Datensicherheit, Rückverfolgbarkeit und sicherlich auch bei der zügigen Identifikation von Schwachstellen. Doch natürlich bestehen auch ungeklärte Schwierigkeiten. Diese betreffen insbesondere die Umsetzung in die Praxis, etwa wenn wir an die Integration in bestehende IT-Systeme und den Aufwand der damit verbundenen Anpassung denken. Dazu bestehen Fragen wie die einer einheitlichen Nutzung unter den beteiligten Akteuren.

Wie der künftige Einsatz von Blockchain im Zusammenhang mit Lieferkettendaten aussieht, bleibt daher abzuwarten. Aktuell ist sie noch keine Lösung für das Problem, komplexe Informationen rund um die Supply Chain zu managen. Konventionelle Software ist stand heute praxistauglicher, denn sie ist schneller, besser integrierbar und bietet bessere Performance.

Herr Piotrowski, vielen Dank für das Interview.

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