Inflation, Lieferengpässe, Gasnotstand: Diese Maßnahmen sollten Unternehmen jetzt ergreifen

Karsten Schulze und Dr. Henning Syllwasschy, Vorstand und Partner bei FTI Andersch, haben für uns Faktoren zusammengetragen, mit denen Unternehmen die kommenden Monate wirtschaftlich vernünftig überstehen können.

Kakteen wachsen in unwirtlichen Umgebungen. Eventuell werden die kommenden Monate für Unternehmen auch eher „unwirtlich“. Dazu müssen sie sich jetzt vorbereiten. Unsere Autoren erklären wie.

Zinserhöhungen, restriktivere Kreditvergaben, auslaufenden Staatshilfen und die konjunkturelle Eintrübung haben das Potenzial, selbst robuste Unternehmen zu überfordern. Darüber hinaus stellen weiterhin stark angespannte Lieferketten, eine drohende Gasnotlage und die damit verbundenen inflationären Auswirkungen Unternehmen vor gravierende Herausforderungen. In einer aktuellen Umfrage durch FTI, dem FTI Resilience Barometer, gehen 74% der deutschen Befragten davon aus, dass ihre Lieferketten dauerhaft gestört sind. Nach einem vergleichsweise geringen Niveau der Insolvenzen im ersten Halbjahr 2022 könnte sich dieses Bild kurzfristig ändern.

Das Gros der Unternehmen versucht nach Einschätzung von FTI-Andersch nach wie vor aktiv einen neuen Modus Vivendi nach der Pandemie zu finden – allerdings nun in einer noch viel komplexeren Weltlage. Noch nicht vollumfänglich eingepreist sind hierbei häufig die Auswirkungen von Ukraine-Krieg und Inflation auf das Konsumklima.

Aktuelle Herausforderungen 

Die Probleme in den Lieferketten führen bei vielen Unternehmen zu einer deutlich höheren Kapitalbindung – sowohl durch höhere Bevorratung als auch durch Verzögerungen bei der Auslieferung. Laut Statistischem Bundesamt hat in Folge der Lieferkettenthematik der Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes per Juni 2022 einen Höchststand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2015 erreicht. Höhere Einkaufspreise und nur sehr restriktive Erhöhungen der Limite durch die Warenkreditversicherer tragen zusätzlich zum Liquiditätsbedarf bei.

74 Prozent der befragten Unternehmen sagen, dass ihre Lieferketten auf Dauer gestört sind. Quelle: Disruption der Lieferketten: FTI Resilience Barometer 2022

Verlässliche Prognosen, bis wann sich bestimmte Tendenzen wieder normalisiert haben sollten, sind derzeit oft nicht möglich. Vor diesem Hintergrund sind klassische Planungsansätze wie z.B. historische Working Capital Laufzeiten (DSO, DIO, etc.) nur sehr eingeschränkt zur Vorschau und Ableitung von Liquiditätsbedarfen geeignet.

Maßnahmen für ein aktives Liquiditätsmanagement

Aufgrund der beschriebenen Unsicherheitsfaktoren sollten Unternehmen sicherstellen, dass Sie selbst bei ungünstigen Entwicklungen über ausreichende Liquiditätsreserven verfügen. Neben engmaschigem Liquiditätsmonitoring ist es wichtig, Szenarioanalysen in der Liquiditätsvorschau zu inkludieren. Auf dieser Basis können dann potenzielle Finanzierungsbedarfe abgleitet und möglichst frühzeitig bei den Finanzierungspartnern adressiert werden.



Darüber hinaus kann ein aktives Cash-Management bisher ungenutzte Liquiditätspotenziale heben. Ungeeignete Tools in uneinheitlichen IT-Landschaften und geringe Erfahrung mit der Implementierung geeigneter Prozesse bremsen die Bemühungen häufig ein. Eine zeitgemäße Working-Capital-Optimierung lässt sich unabhängig von der Unternehmensgröße nur mit digitalen Technologien realisieren. Diese ermöglichen es, Bewegungs- und Bewertungsdaten auf Einzelbelegebene zu erfassen, auszuwerten und zu interpretieren. So kann beispielsweise Process Mining Ablaufprozesse in einem Unternehmen hochgradig automatisiert analysieren und in Echtzeit überwachen. Auf dieser Grundlage lassen sich anschließend Stellschrauben und Maßnahmen zur Optimierung zuverlässig identifizieren und „Jo-Jo-Effekte“ nachhaltig vermeiden.

Einbruch der Verbraucherstimmung: das HDE Konsumbarometer und der GfK Konsumklimaindex sind eindeutig. Quelle: HDE und GfK

Bei der Umsetzung optimaler Cash-Management-Prozesse ist es entscheidend, die wesentlichen Steuerungselemente nicht isoliert umzusetzen, sondern individuell auf die Unternehmenssituation zuzuschneiden und eng miteinander zu verzahnen. Nur dann bedeutet Cash-Management auch nachhaltig mehr Liquidität, mehr Handlungsspielraum und mehr Rechtssicherheit für die handelnden Organe.


Über die Autoren:

Karsten Schulze verantwortet bei FTI-Andersch insbesondere Transformationsprozesse und umsetzungsorientierte Projekte. In ausgewählten Projekten hat er interimistisch Führungspositionen besetzt. Seine Branchenschwerpunkte liegen im Maschinen- und Anlagenbau sowie im Bereich der Erneuerbaren Energien.

Henning Syllwasschy verantwortet bei FTI-Andersch den Bereich Cash-Management/kurzfristige Liquiditätsplanungen. Seine Branchenschwerpunkte sind der Maschinen- und Anlagenbau, Logistik und Handel.


Bildquelle / Lizenz Aufmacher:

Photo by Elena Ramseier on Unsplash


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