„Diversität wird nicht mit Freiwilligkeit erreicht“

Konzerne benötigen konkrete Handlungsempfehlungen

Warum? Das erläutert Barbara Lutz, Gründerin, Frauen-Karriere-Index

Viele Unternehmen haben bereits die große Wirkung von Diversität als Treiber für Innovation und wirtschaftlichen Erfolg erkannt. Für Konzerne, die im globalen Wettbewerb modern und flexibel agieren wollen, ist es zwingend notwendig, die verschiedenen Bedürfnisse und Kulturen zu verstehen. Diversity & Inclusion Management soll die Grundlage hierfür schaffen und für eine Kultur der Zusammengehörigkeit im Konzern sorgen. So wird Vielfalt eine Bereicherung und kann entscheidend zum weltweiten Erfolg eines Unternehmens beitragen. Allerdings zeigt sich: Mit reiner Freiwilligkeit und gutem Zureden erreicht man keine zufriedenstellenden Ergebnisse.

Es ist notwendig, konkrete Maßnahmen und Ziele zu definieren, um das Thema Diversität weiter und stärker in der Öffentlichkeit und vor allem bei betreffenden Entscheider:innen voranzubringen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Veränderungen möglich sind, wenn der Wille vorhanden ist. Krisen bieten immer auch Raum für Neudenken und Strukturaufbrüche. Der Zeitpunkt ist somit ideal, um alte Muster aufzubrechen und neue, zukunftsfähige Prozesse zu etablieren.

Mit fünf Maßnahmen zu mehr Diversität

Klares Commitment des Top Managements

Unternehmen müssen Diversity wollen, sonst kann es keine Veränderung geben. Das Top Management muss sich somit klar zu Diversität und Internationalität positionieren: Sowohl nach innen als auch nach außen. Ein diverses, internationales Team erfordert kulturelle Sensibilität und eine integrative Kultur. Diversität und Internationalität allein reichen nicht aus, um als Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu sein, wenn die Wichtigkeit und Wertschätzung einer vielfältigen Belegschaft nicht allgemein anerkannt werden. Inklusion und Nachhaltigkeit schaffen die nötigen Rahmenbedingungen. Intern dürfen die Maßnahmen und einzuleitenden Schritte deshalb nicht allein auf mittlerer Ebene erfolgen, sondern nach dem Top-down-Prinzip. Das Top Management muss diese für alle Management-Ebenen vorleben und ihre Wichtigkeit betonen. Auch nach außen muss es ein klares Statement vorgeben: Unsere Vision und unser Leitbild stehen für Diversität und Internationalität.

Konkrete Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen

Basierend auf dem klaren Commitment muss dieses Leitbild auf einzelnen Ebenen konkretisiert werden. Welche Maßnahmen und Richtlinien gelten für welche Managementebene? Es reicht nicht aus, Maßnahmen lediglich von einer Abteilung umsetzen zu lassen, sie müssen sich stringent durch die komplette Unternehmung ziehen. Denn die Gefahr ist, die Maßnahmen auf eine konkrete Abteilung zu projizieren und anschließend keine weiteren Schritte einzuleiten – so hätte das Unternehmen zwar sein Soll erfüllt, allerdings bewirkt dies keine nachhaltige Veränderung. Der Sinn besteht darin, allen Abteilungen die Wichtigkeit von Frauen in Führungsrollen und einem internationalen Top Management klar zu machen und sie zu verpflichten, diese Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehört beispielsweise, Frauen bereits zu einem frühen Zeitpunkt in ihrem Berufsleben anzusprechen und Karrieremöglichkeiten und Unterstützung durch das Unternehmen klar zu benennen. Wer dies konstant und frühzeitig über verschiedene Karrierestufen hinweg tut, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die betreffenden Frauen den Karriereweg einschlagen, um ganze 40 Prozent. Frühzeitig internationale Erfahrungen zu sammeln ist ebenfalls ein entscheidender Faktor. Hier spielt das Timing eine wichtige Rolle: Wird Frauen statt mit über 30 bereits mit Mitte 20 die Möglichkeit eines Auslandeinsatzes gegeben, steigt ihre Akzeptanz dessen um bis zu 70 Prozent, da sie zu diesem Zeitpunkt oft flexibler sind als in späteren Jahren.

Begleitende Maßnahmen für alle

Dass die Maßnahmen für die verschiedenen Unternehmensebenen definiert werden, macht deutlich: sie werden auf alle Mitarbeiter:innen projiziert. Jede:r muss sich als ein Teil der Veränderung begreifen und diese integrative Kultur täglich vorleben und umsetzen. Der Support der männlichen Belegschaft ist dabei essentiell. Diversität und Internationalität müssen deshalb von allen Beteiligten auch als wirtschaftliche Faktoren begriffen werden. Je diverser die Teams, desto erfolgreicher das Unternehmen. Alle Maßnahmen, die im Zuge der Förderung von Frauen und internationalen Experten erreicht werden, kommen also allen Mitarbeiter:innen zugute – eine Denkweise, die auf eine höhere Akzeptanz trifft.

Maßnahmen als Business Case sehen

Bei dem getroffenen Commitment für mehr Diversität auf Führungsebene darf es sich nicht um eine einmalige Aktion handeln. Vielmehr muss es als Business Case gesehen und auch so behandelt werden. Alle zu ergreifenden Maßnahmen können messbar gemacht, bewertet, analysiert und kontrolliert werden. Wie in einem Projekt müssen Ziele definiert werden, die durch geeignete Instrumente kontinuierlich verfolgt werden. So wird das „Ziel Diversität“ genau wie ein Business Case zu einer Kernaufgabe des Unternehmens und mit der gleichen Aufmerksamkeit behandelt.

Storytelling nutzen

Was genau bringen diese Maßnahmen und was möchte ich mit ihnen erreichen? Unternehmen sollten genau beschreiben können, welche positiven Auswirkungen durch mehr Diversität und Internationalität auf Führungsebenen zu verzeichnen sind. Was beispielsweise bringt dem Unternehmen eine Frau in einer Führungsposition konkret? Klar definierte Ziele und eine Veranschaulichung des Impacts helfen dabei, das Commitment umzusetzen. Maßnahmen zu einer höheren Diversität in Führungsrollen werden genutzt, um klar zu stellen, dass Frauen das entscheidende Kriterium sind und beispielsweise von Investor:innen nachgefragt werden.

Aller Anfang ist schwer, aber notwendig

Doch noch immer ist ein langer Weg zu gehen. Dabei wirkt sich Diversität im Ganzen nachweislich positiv auf die Innovationskultur und die Performance Unternehmens aus. Faktisch belegt werden kann dies aktuell am besten im Bereich Frauen in Führungspositionen mit eindeutigen Daten und Befunden. Sobald Unternehmen Frauen den Weg in höhere Managementebene bereiten, von den Vorteilen profitieren und den immensen Mehrwert erkennen, öffnen sie sich auch hinsichtlich anderer Bereiche wie einem höheren Anteil an Internationalität im Top Management.

Diese fünf Handlungsempfehlungen sind Erkenntnisse des FKi und des Unternehmens Beiersdorf, die im gemeinsamen Whitepaper „Managementansätze für mehr Frauen in Führungspositionen und eine höhere Internationalität in deutschen Unternehmen – Handlungsempfehlungen und Erfolgskonzepte“ veröffentlicht werden.

Das gesamte Whitepaper finden Sie hier

Über die Autorin

Vor der Gründung des Frauen-Karriere-Index 2012 sammelte Barbara Lutz ihre tiefe fachliche Expertise als Head of Eurobureau bei der Communications- und Strategieberatung Publici. Darüber hinaus übernahm sie die Leitung von Marketing und Kommunikation für das Segment Privat- und Geschäftskunden bei der Commerzbank und war dort Mitglied des Segmentvorstandes. Im Jahr 2020 entwickelte Barbara Lutz im Rahmen des FKi mit dem Impact of Diversity (IOD) eine Plattform, die die Themen Diversity und Transformation dorthin trägt, wo etwas bewegt wird: in die Führungsetagen der deutschen Wirtschaft und Politik.

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