Die Zukunft der Arbeitswelt

ADP wirft regelmäßig einen Blick auf die Arbeitswelt. Natürlich ist die diesjährige Studie geprägt von den Ereignissen rund um die Pandemie. Gastautor Henri Schmidt, Senior Director Implementation & Business Development Germany & Poland bei ADP, erläutert, worauf sich Unternehmen einstellen müssen.

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt stark verändert und dazu geführt, dass viele Menschen härter als je zuvor und unter anderen Bedingungen arbeiten mussten. Sie verdeutlichte, dass es andere produktive Arbeitsweisen gibt, aber auch, dass mehr getan werden muss, um Vielfalt, Gleichberechtigung und Work-Life-Balance zu gewährleisten. Deshalb ist es wahrscheinlich und wichtig, dass einige Veränderungen in manchen Bereichen auch nach dem Ende der Pandemie bestehen bleiben.

Work-Life Balance und Wohlbefinden als Priorität

Die COVID-19-Krise hatte sowohl auf die körperliche als auch auf die mentale Gesundheit der Menschen große Auswirkungen. ADPs Studie People at Work 2021: A Global Workforce View offenbart, dass sie Menschen vor große Schwierigkeiten stellte. 8,51% der Arbeitnehmer*innen in Deutschland bezeichnete die Bewältigung von Stress als ihre größte Herausforderung. Es ist auch wichtig zu betonen, dass mehr Frauen als Männer dies angegeben haben. Die möglichen Gründe dafür sind vielzählig. Einer davon ist die starke Belastung durch Kinderbetreuung und Homeschooling. In Deutschland gab trotz des Bedarfs an Hilfe nur etwa die Hälfte (46,32%) an, dass die Firma ihr Wohlbefinden unterstützt, was verdeutlicht, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Dennoch haben die Menschen bewiesen, dass sie trotz der kritischen Situation produktiv sein können. In der Tat offenbarte unsere Studie, dass diejenigen, die im Homeoffice arbeiten, nicht häufiger als ihre Kollegen am Arbeitsplatz berichten, dass die Aufrechterhaltung der Produktivität für sie eine große Herausforderung darstellt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies sagen, ist mit 10% im Vergleich zu 13% weltweit sogar geringfügig kleiner. Frauen geben nämlich weniger häufig als Männer an, dass ihnen ihre Vorgesetzten mehr Flexibilität gewähren, als es die Unternehmensrichtlinie vorsieht (33,09% im Vergleich zu 29,48%). Insbesondere Mütter scheinen zu kurz zu kommen, denn die Umfrageergebnisse lassen darauf schließen, dass Müttern weniger Flexibilität zugestanden wird als Vätern und Erwerbstätigen ohne Kinder. Während 36,72% der Väter berichten, dass ihnen ihre Vorgesetzten mehr Flexibilität ermöglichen als es die Unternehmensrichtlinie vorschreibt, sind es bei den Müttern nur 28,03%. Außerdem berichten 31,57%, dass die Zeiterfassung und Anwesenheit genauer als je zuvor überwacht werden. Das ist ein Trend, der gestoppt werden muss.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Lage für alle schwierig ist, vor allem aber für Frauen. Da sich die Wirtschaft wieder erholt, besteht die Hoffnung, dass dieser Fortschritt bessere Bedingungen schaffen wird. Beschäftigte haben ihre Fähigkeiten selbst inmitten einer Pandemie unter Beweis gestellt. Deshalb wäre es wichtig, sie zu belohnen und zu unterstützen. Es ist inzwischen klar, dass sich das Angebot flexibler Arbeitsmodelle positiv auf die Produktivität auswirkt. Personalverantwortliche sollten daher in Zukunft eher bereit sein, andere Gehaltsmodelle in Betracht zu ziehen oder flexible Arbeitszeiten und Homeoffice anzubieten. Unterstützung bei der Kinderbetreuung muss sich etablieren. Bei der Festsetzung der Gehaltshöhe sollte nicht mehr allein die Präsenzzeit zugrunde gelegt werden, sondern auch die Leistung, ebenso wie Kollegialität und gute Zusammenarbeit. Wenn die Zeiterfassung und die Anwesenheit zu sehr kontrolliert werden, riskieren Arbeitgebende, die Gefühle von Stress und Angst zu verstärken.

Manager*innen, die proaktive Schritte unternehmen, um ihre Mitarbeiter*innen zu unterstützen und zu motivieren, werden deren Widerstandsfähigkeit erhöhen und können die Auswirkungen von COVID-19 auf den Arbeitsplatz von einer Bedrohung in eine Chance verwandeln. Eine neue Art von Führungskraft ist erforderlich, die eine hohe Affinität zu modernen Kommunikationsmitteln hat und die ihren Mitarbeiter*innen vertraut. Die Wahrnehmung von Vertrauen spielt eine entscheidende Rolle für die Loyalität und das Engagement von Arbeitnehmer*innen, was sich wiederum auf die Produktivität und die Bindung von Talenten auswirkt. Firmen sollten auf die Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmer*innen Rücksicht nehmen und konstruktive Maßnahmen und Initiativen ergreifen, um eine echte Work-Life-Balance zu ermöglichen und Burn-out zu vermeiden.

Die Corona-Pandemie als Digitalisierungsbooster

Neue Technologien haben durch COVID einen riesigen Schub bekommen. Beispiele sind die Erfolge von Microsoft, Zoom und Workforce-Management-Lösungen. Laut unserer Studie fühlen sich zwar über die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer*innen (53,9%) befähigt, flexiblere Arbeitsregelungen in Anspruch zu nehmen. 23% der Mitarbeiter*innen gaben jedoch an, dass ihr Unternehmen nicht die für die Telearbeit erforderliche Ausrüstung bereitstellt. Die Pandemie hat gezeigt, dass sich die Menschen schnell an andere Arbeitsformen anpassen, aber damit die Belegschaft erfolgreich sein kann, muss sie mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.

Die Lösung für Unternehmen liegt in der Automatisierung der Prozesse, sodass sich Menschen wieder um die Anliegen der Menschen kümmern können.

Wir sind immer noch am Anfang der Reise. Zukünftig dürfen wir also sehr wahrscheinlich auf bessere technische Voraussetzungen hoffen. Künstliche Intelligenz, Roboter Prozessautomatisierung und Blockchain sind Stichworte, die uns weiter begleiten werden. Die Treiber dafür sind vielfältig, vor allem dürfen wir nicht die demographische Entwicklung vergessen. In vielen Ländern wird die Bevölkerung älter und es stehen weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Gleichzeitig sollen Wirtschaft und Wohlstand weiterwachsen. Es tut sich also eine Produktivitätslücke auf, die nur durch Technologie geschlossen werden kann. Auch durch die Tatsache, dass nach Jahren des Offshoring, also die Verlagerung der Arbeitskräfte ins Ausland, nun wieder eine Tendenz in die entgegengesetzte Richtung besteht, muss und wird sich die Technologisierung beschleunigen.

Wir werden auch gerade im Bereich der Rekrutierung mehr Software-Lösungen sehen, die auf Basis von Eigenschaften und Verhalten von Kandidat*innen Rekrutierungsprozesse „automatisieren“. Inwiefern die deutsche Gesetzgebung hier Schritt halten kann, wird sich zeigen. Bewerbungsgespräche, Einstellungen und Onboarding finden bereits über Videokonferenzen statt, wodurch beide Seiten vor große Schwierigkeiten gestellt werden, weil die Authentizität leidet. Im Rekrutierungsprozess wird es immer wichtiger, das perfekte Match zwischen Stelle und Bewerber*in hinzubekommen. Hier wird Künstliche Intelligenz helfen. Auf Basis von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit wird ausgewertet, welche Profile gut oder schlecht zusammenpassen. Das macht es dann möglich, optimale Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Statt Geschäftsreisen zu unternehmen, um Meetings abzuhalten, wird wohl häufiger auf Tools zur Videotelefonie, wie zum Beispiel Microsoft Teams, Skype oder Zoom ausgewichen. Geschäftsreisen werden allerdings nicht vollständig ersetzt. Im Moment gehen wir davon aus, dass ca. 50-60% des Prä-COVID-Niveaus wieder erreicht wird. Dennoch sehen wir einen deutlichen Rückgang der Geschäftsreisen. Der Grund ist einfach: wir haben alle zusammen bewiesen, dass es eben auch anders geht. Das ist gut für die Umwelt und schafft eine enorme Flexibilität. Reisebereitschaft wird für viele Jobs nicht mehr vorausgesetzt. Dies bietet vor allem für Familien neue Perspektiven.

Rekrutierung aus der Distanz als große Chance für mehr Vielfalt

Telearbeit und die Nutzung zahlreicher Online-Tools und Videokonferenzplattformen eröffnen Unternehmen neue Möglichkeiten, eine diversere Belegschaft einzustellen. Homeoffice ermöglicht es, Vielfalt und Inklusion zu fördern, indem Menschen mit unterschiedlichem sozio-ökonomischem, geografischem und kulturellem Hintergrund eingestellt werden können. Vor der Pandemie war die Suche nach neuen Kandidat*innen auf einen bestimmten geografischen Standort beschränkt. Dank der zahlreichen digitalen und technologischen Tools können Personalverantwortliche jedoch auch Personen einstellen, die in einer anderen Stadt oder sogar in einem anderen Land leben. Unternehmen sind nicht mehr darauf beschränkt, lokale Talente zu rekrutieren und haben eine viel größere Chance, jemanden zu finden, der genau die Fähigkeiten, die Erfahrung und die Persönlichkeit mitbringt, die das Unternehmen braucht. Die Einstellung von Mitarbeiter*innen aus anderen Ländern und Kulturen bringt neue Perspektiven ein und trägt dazu bei, eine breit aufgestellte Gruppe von Fachleuten zu schaffen, mit denen Innovationen möglich sind.

Durch die Einstellung von Mitarbeiter*innen, die von zu Hause aus arbeiten können, unterstützen Firmen außerdem die Gemeinschaft und Familien. Viele Eltern oder Betreuer*innen suchen nach Flexibilität, da sie aufgrund der Pandemie mehr familiäre Verpflichtungen haben. Die flexibleren Arbeitszeiten und der wegfallende Arbeitsweg machen den Job attraktiver für hochqualifizierte Kandidat*innen, die sich sonst vielleicht trotz ihrer Fachkenntnisse nicht für die Stelle beworben hätten. Dennoch stellt die Online-Rekrutierung auch eine Herausforderung für alle Beteiligten dar. So war die Umstellung schwieriger für Personen, die noch nicht über alle technischen Fähigkeiten verfügten, die für die Telearbeit erforderlich sind. Da die Bedeutung von Technologien in unserem Leben wächst, werden diese Fähigkeiten auch nach der Krise entscheidend bei der Einstellung von Mitarbeiter*innen sein. Daher müssen sich Bewerber*innen weiterhin über die neuesten technologischen Fortschritte informieren, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben.
Die Zukunft der Arbeitswelt sieht vielversprechend aus. Es ist an der Zeit, dass das Wohlergehen der Belegschaft in den Mittelpunkt gestellt wird. Insgesamt gibt es mehr Chancen als Risiken. Man muss aber etwas dafür tun, damit sich die positiven Effekte sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch für Führungskräfte einstellen.

Weitere Informationen unter:
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