Das datenzentrierte Unternehmen

„Daten sind das neue Öl“, so tönt es momentan vielerorts. Aber genauso wie für endliche Ressourcen ein achtsamer und verantwortungsvoller Umgang forciert wird, sollte dies auch für Daten gelten. Was daraus entsteht, ist eine neue Verantwortung. Eine Verantwortung, die Unternehmen zunehmend beschäftigt, da sie zur Generierung neuer Geschäftsmodelle und Wettbewerbsvorteile auf die Daten der Kunden angewiesen sind. Damit steht die Frage im Raum: Wie können Unternehmen dieser Aufgabe gerecht werden?

Mit der voranschreitenden Industrialisierung begannen Unternehmen vermehrt damit, Verantwortung gegenüber ihren Angestellten, aber auch gegenüber der Zivilgesellschaft zu übernehmen und ökologische Nachhaltigkeitsaspekte beim Wirtschaften zu berücksichtigen. Diese Corporate Social Responsibility (CSR) ist heute im besten Fall gerade unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten wesentlicher Bestandteil eines Unternehmens. Die Faktoren „Arbeit“, „Boden“ und „Kapital“ stellen seit Jahrzeiten die Sicherung der Unternehmensaktivitäten sicher. Aber mit fortschreitender Digitalisierung rück nun ein weiterer Faktor in den Vordergrund: Daten. Dass Daten erhoben werden, ist nicht neu. Allerdings werden sie heute zielgerichtet genutzt und gelten so als entscheidender Wettbewerbsfaktor für Unternehmen.

Aus „Social“ wird „Digital“

Der neuen Verantwortung sind sich Unternehmen bewusst und so hält vermehrt ein neues Modell Einzug in Unternehmensphilosophien: Die Corporate Digital Responsibilty (CDR). Heute werden nicht nur Daten von Maschinen oder Produktionsanlagen erfasst, sondern auch sensible Personendaten Tag für Tag gesammelt und verarbeitet. Und genau hier gilt besondere Vorsicht, denn es betrifft das informelle Mitbestimmungsrecht der jeweiligen Person. Sie dürfen also mitbestimmen, welche Daten verarbeitet werden dürfen. Verweigern diese Person die Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten, werden diese Daten nutzlos für das Unternehmen und potenzielle Wettbewerbsvorteile können nicht realisiert werden.
Wie sollen Unternehmen, für die Daten immer wichtiger werden, diesen Konflikt lösen? Hier kann Corporate Digital Responsibilty eine Lösung anbieten. Unternehmen, die dieses Modell sichtbar integrieren und anwenden, signalisieren den Kunden, dass sie verantwortungsbewusst mit ihren Daten umgehen. Aber wie könnte das in der Praxis aussehen?

CDR in der Praxis

Viel deutet darauf hin, dass die Erfassung von personenbezogenen Daten in Zukunft weiter ansteigen wird. Nicht zuletzt durch die kürzlich in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) haben Personen immer mehr Einfluss auf die Verwendung ihrer eigenen Daten. Wie also einen Anreiz schaffen, um Personen dazu zu bewegen, ihre Daten freiwillig an ein Unternehmen zu übergeben? Ein Ansatz der CDR ist nun, eine Art Handel zu initiieren: Die Unternehmen erhalten etwas und der Nutzer bekommt im Gegenzug etwas zurück. Im Falle der Unternehmen könnte dies bedeuten: Sie dürfen die Daten der Kunden für bestimmte Zwecke nutzen. Aber was bekommt der Kunde dafür? Dieser könnte entlohnt werden. So kann beispielweise ein Onlineshop-Betreiber, der gern mehr Daten erheben würde, als für die eigentliche Geschäftsabwicklung notwendig wäre, eine Art Angebot an seinen Kunden machen: Anreize, die den Kunden zu dieser Datenüberlassung bewegen, können etwa monetärer Natur sein. „Wenn du mir erlaubst, deine Daten zu nutzen, dann erhältst du von mir 10 Prozent Rabatt auf deine Einkäufe.“ Der Kunde hat nach wie vor selbst die Möglichkeit zu entscheiden, ob er der Verwendung der Daten einwilligt. Gleichzeitig wird aber ein Anreiz geschaffen, dies zu tun. Unter dem Dach der CDR verspricht sich das Unternehmen zugleich, die Daten vertrauensvoll zu behandeln. So entsteht eine Win-Win-Situation.

Corporate Digital Responsibility kann dabei unterstützen, dass Unternehmen ihre Interessen durchsetzen und gleichzeitig den Interessen der Kunden nachkommen. Welche Möglichkeiten sich mit der CDR noch bieten und wo Unternehmen anknüpfen können, zeigt die Publikation „Corporate Digital Responsibility“ der Begleitforschung des Technologieprogramms „Smart Data – Innovationen aus Daten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Sie gibt Aufschluss über zahlreiche Verfahren und Vorgehensweisen, die den verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit Daten ermöglichen. Darüber hinaus soll die Publikation dazu beitragen, dass das Thema Corporate Digital Responsibility näher an Unternehmen herangebracht wird und der öffentliche Diskurs rund um das Thema des verantwortungsvollen Umgangs mit Daten an Fahrt gewinnt.

Über den Autor:

Sven Willrich ist Leiter der Fachgruppe Wirtschaftliche Potenziale & gesellschaftliche Akzeptanz der Smart Data-Begleitforschung und wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZI Forschungszentrum Informatik.

Die Publikation “Corporate Digital Responsibility” finden Sie unter https://www.digitale-technologien.de/DT/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/2018_02_smartdata_corporate_digital_responsibility.html

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