Arbeitswelten 2019

Es fällt auf, dass Schlagworte wie digitale Transformation, New Work und künstliche Intelligenz durch die Chefetagen von Organisationen geistern. Es liegt was in der Luft, das nach Veränderung schreit und in allen Ebenen spürbar ist.

Viele Unternehmen wagen sich derzeit auf neue Wege. Sie experimentieren mit ihren Organisations- und Führungsstrukturen und gehen dabei viel weiter als in der Vergangenheit. Eines ändert sich jedoch nicht – die Wertschätzung für Mitarbeitende und das Vertrauen in die eigenen Leute.

Diese beiden Faktoren sind immer noch die Grundlagen für eine stabile und nachhaltige Organisation. Und genau das sind die Pfeiler, auf denen heute agile Methoden aufsetzen und Unternehmen innovativer und flexibler machen. Konzerne probieren sich just weltweit an der Gestaltung neuer Arbeitswelten und realisieren die Vertrauensarbeitszeit und den Vertrauensarbeitsplatz. Die Mitarbeiter können arbeiten, wann und wo sie wollen. Durch die digitale Transformation ändert sich unsere Kommunikation und neue Fähigkeiten sind gefragt. Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden werden immer wichtiger. Aber Kollaborationstools und Smartphones kennen keinen Feierabend mehr und die Arbeit gehört immer mehr zum Privatleben und umgekehrt. Die Vermischung von Arbeit und Privatleben wird eindeutig noch zunehmen.

Neben neuen Technologien werden wir uns vor allem auf andere Arbeitsbedingungen einstellen müssen.

Viele Arbeitnehmer sind heute schon mit dem Tablet oder Computer am Wochenende und auch abends für die Firma am Start. Die Aufgabenprofile wandeln sich durch künstliche Intelligenz und die Automatisierung im Büro. Smarte Assistenten helfen uns, stupides Arbeiten zu vermeiden. Mensch und Maschine sollten sich ergänzen. Frau Prof. Deml, die den Bereich „Arbeit und Menschen“ erforscht, beschreibt das so: „Neben neuen Technologien werden wir uns vor allem auf andere Arbeitsbedingungen einstellen müssen: Unsere Arbeitswelt wird sich schneller und öfter verändern, als das in den letzten Jahrzehnten der Fall war.“

Prof. Dr.-Ing. Barbara Deml leitet das Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT

Prof. Dr.-Ing. Barbara Deml leitet das Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT

Die Professorin leitet das Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation am KIT und fährt fort: „Für Unternehmen bedeutet das, dass sie flexibler und schlanker werden müssen. Für Arbeitnehmer heißt das, dass sie vielleicht gar nicht mehr fest zu einer Organisation gehören. Sie werden zum Teil ihre Dienstleistung auf Plattformen anbieten und zeitlich befristet für den ein oder anderen Auftraggeber tätig sein. Das kann unsere Arbeitszeiten massiv beeinflussen, unser Verständnis von Unternehmenskultur obsolet machen, und es verlangt von Führungskräften ganz andere Managementkompetenzen. Diese Punkte müssen auch gesellschaftspolitisch adressiert werden und wir müssen zum Beispiel Arbeitsschutz neu denken.“

Arbeiten 4.0: Ein Mindset

Auf HR-Abteilungen und Personaler kommen im Kontext der Digitalisierung viele neue Herausforderungen zu. Der digitale Wandel wird zum Beispiel die Recruiting-Probleme der Unternehmen weiter verschärfen, da in immer mehr Branchen und Bereichen qualifizierte ITK-Mitarbeiter benötigt werden. Doch der Bewerbermarkt ist in diesem Bereich bereits leergefegt – laut dem Digitalverband Bitkom hat der Fachkräftemangel in der IT mit rund 82 000 offenen Stellen in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht.

„Wer also den Anschluss an die Digitalisierung nicht verlieren will, muss sein Recruiting Mindset schleunigst ändern. Dabei sollten aber die Möglichkeiten IT-gestützter Verfahren für zeitraubende Routine-Aufgaben nicht ungenutzt bleiben“, so beschreibt Frank Rechsteiner die aktuelle Situation in seinem neuen Werk „Recruiting Mindset“.

Frank Rechsteiner

Frank Rechsteiner

Frank Rechsteiner erklärte uns dazu: „So bietet es sich bei einer großen Zahl eingehender Bewerbungen an, Chatbots, künstliche Intelligenz (KI) und Algorithmen für die Vorauswahl einzusetzen. Big Data und Predictive Analytics ermöglichen objektiv fundierte Entscheidungen, wenn sie zur Aggregation und Darstellung sämtlicher Bewerberdaten eingesetzt werden. Damit Kandidaten ihre Unterlagen mit minimalem Aufwand an die Wunscharbeitgeber senden können, sollten Unternehmen One-Click-Bewerbungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Diese Liste ließe sich beliebig erweitern.“ Rechsteiner unterstreicht dabei: „Doch ist es trotz aller technischen Möglichkeiten wichtig, dass Unternehmen weiterhin den direkten Kontakt mit den Kandidaten pflegen und persönliche Personalentscheidungen fällen: Je rarer die begehrten Fachkräfte werden, desto mehr legen sie bei einer Stellenbewerbung darauf Wert, als VIP behandelt – wenn nicht gar hofiert – zu werden.“

Es ist eben doch eine Frage der Unternehmenskultur und der Agilität.

Innovative Strategien und Methoden zur erfolgreichen Personalgewinnung sind also gefragter denn je. Rechsteiner rät zum Active Sourcing, also zur proaktiven Recherche und Ansprache potenzieller Mitarbeiter im Rahmen von Social Media, Karriere-Netzwerken, Messen und unternehmenseigenen Talent-Pools. Ziel wäre es, eine langfristige Beziehung zu interessanten Kandidaten aufzubauen, um sie bei Bedarf für neu entstehende Vakanzen zu gewinnen. Frank Rechsteiner betonte dabei: „Immer beliebter wird auch das Influencer-Recruiting, in dessen Rahmen die eigenen Mitarbeiter nach außen als Markenbotschafter wirken, was erfahrungsgemäß mehr bringt als sämtliche Argumente im Bewerbungsgespräch.“

Frau Prof. Dr. Isabell Welpe

Frau Prof. Dr. Isabell Welpe

Im Kampf um die Talente haben Unternehmen, die ihre Entscheidungen demokratisch treffen, echte Vorteile. Engagierte Mitarbeiter wollen Verantwortung übernehmen und sich zum Wohl des Unternehmens einbringen. Unternehmen sind erfolgreicher, wenn ihre Strukturen demokratisch sind, erklärte uns Prof. Isabell Welpe von der TU München. Demokratische Verfahren seien überall dort geeignet, „wo Menschen unterschiedliche Perspektiven haben, wo es wichtig ist, Wissen, das auf mehrere Köpfe verteilt ist, zusammenzubringen“, betonte die Organisationsforscherin. Dass Demokratie im Unternehmen gelebt werden kann, bestätigt auch Mark Stoffel. Er führt das Schweizer IT-Unternehmen Umantis. Stoffel wurde nicht ernannt, er wurde gewählt. Angefangen haben sie mit den Wahlen bei Umantis vor ca. sechs Jahren.
Es ist eben doch eine Frage der Unternehmenskultur und der Agilität. Marc Stoffel erklärte es so: „Agilität ist unsere Antwort auf disruptive Märkte und Geschäftsmodelle. Wenn tradierte Märkte von heute auf morgen wegbrechen und Kundenanforderungen sich innerhalb kürzester Zeit drehen, dann müssen wir einen Weg finden, damit Unternehmen mit derselben Geschwindigkeit auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren können. Dieser Weg heißt Agilität.“

Er ergänzt: „Durch die Ermächtigung der Mitarbeiter, eigenverantwortlich zu agieren, gewinnen wir in einem agil aufgestellten Unternehmen nicht nur einen Zugewinn an Geschwindigkeit, sondern auch an Kreativität und Innovationskraft. Denn es sind in der Regel die Mitarbeiter, die dank ihrer Nähe zum Markt und zum Kunden den nächsten großen Trend schon vor dem Management kommen sehen.“

Torsten Rehder, Trendscout

Torsten Rehder, Trendscout

Anhand dieser Definition wird deutlich, dass eigentlich jedes Unternehmen agil ist, solange es erfolgreich ist. „Die Frage nach der Agilität von Unternehmen sollte daher nicht absolut gesehen werden, also sind wir agil oder nicht. Sondern relativ: Sind wir noch agil genug, um die Herausforderungen zu meistern“, so pragmatisch sieht es Torsten Rehder, Trend Supervisor und Innovationsberater bei Trendone. „Ich denke, dass es für Unternehmen in Zukunft weniger um die Beherrschung einer Technologie gehen wird. Vielmehr wird die Implementierung einer Innovationskultur der entscheidende Wettbewerbsfaktor sein“, betont der Dozent für Trendforschung an der Steinbeis-School of Management & Innovation.

Der Arbeitsplatz als Assistent

In einer aktuellen Studie hat das IT-Research- und Beratungsunternehmen Crisp Research Business-Entscheider zu Work-4.0-Konzepten befragt. Im Zentrum der Studie stand die Frage, welche Auswirkungen die Digitalisierung des Arbeitsplatzes für Unternehmen, Mitarbeiter und die Wirtschaft in Zukunft hat. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die effiziente Digitalisierung der Geschäftsprozesse benötigt neben der technologischen Ausstattung auch einen Wandel in Organisation, Führung und Unternehmenskultur.

Oliver Bendig ist CEO der Matrix 42 AG.

Oliver Bendig ist CEO der Matrix 42 AG.

Unternehmen sind heute mit immer schnelleren technologischen Ent­wicklungszyklen und einem veränderten Grundverständnis von Arbeit und Wertschöpfung konfrontiert. Vor dem Hintergrund einer zunehmend offeneren und mobileren Wirtschaft werden zukünftig nur diejenigen Unternehmen langfristig erfolgreich sein, die schnell auf Veränderungen reagieren können. 20 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland haben diesen Trend frühzeitig erkannt und den Wechsel in eine moderne Organisationskultur bereits in weiten Teilen vollzogen. Eine Vielzahl der Unternehmen (47 Prozent) befindet sich aktuell noch im Übergang zu einer agilen und interaktiven Unternehmenskultur. „Dabei ist es nicht allein damit getan, Mitarbeiter mit digitalen Technologien auszustatten. Nur intelligent vernetzt und richtig angewendet, bietet die Technologie letztendlich einen Mehrwert“, betont Studienleiter Maximilian Hille, Senior Analyst bei Crisp Research.

Automatisierungs- und RPA-Technologien sind auf dem Vormarsch und unser digitaler Arbeitsplatz wird zum Assistenten. Studien besagen, dass uns die neuen Automatisierungstechnologien im Arbeitsalltag in Zukunft viel Zeit einsparen werden. Stupide und täglich wiederkehrende Aufgaben sind dann endgültig passé. Während Software-Roboter die repetitiven Aufgaben komplett fehlerfrei im Hintergrund erledigen, haben Mitarbeiter mehr Zeit für wertschöpfende Aufgaben. So kom­men sie überwiegend dort zum Einsatz, wo sie den größten Mehrwert haben und Robotern deutlich überlegen sind. „Generell wird Arbeiten durch AI einfacher werden. Apps, Daten und Dokumente werden automatisch auf dem gerade genutzten Arbeitsgerät zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung gestellt. Der digitale Arbeitsplatz wird somit Fragen zum Status eines Projekts oder dem nächsten Meeting beantworten, bevor wir diese überhaupt gestellt haben“, verriet uns Oliver Bendig, CEO der Matrix 42 AG, im persönlichen Gespräch und fährt fort: „Eine AI, die meine Präferenzen kennt, die weiß, wann ich an welchem Ort an welchem Gerät und an welchen Projekten arbeite, kann vorab schon die Dokumente öffnen, die ich benötige. Sie kann Änderungen darin hervorheben, kann mich an meine Termine erinnern und mir auch dafür schon vorab alle wichtigen Daten zusammentragen. Alle wiederkehrenden Prozesse kann die AI schon automatisiert durchführen. So bleibt mehr Zeit für Kreativität, das Entwickeln neuer Ideen und Geschäftsmodelle, die das Unternehmen vorantreiben.“

Franz Kögl von Intrafind

Franz Kögl von Intrafind

Zum Beispiel nehmen administrative Prozesse, die mit der Dokumentenablage zusammenhängen, im Schnitt zwei Stunden unserer Arbeitszeit pro Tag ein. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Befragung von statista unter 1 000 Büroangestellten. Demnach sehen die meisten Mitarbeiter dringenden Verbesserungsbedarf bei der Dokumentensuche. „Unsere Cognitive Search Engine kommt oft zum Einsatz, um die klassischen suchgetriebenen Anwen­dungen wie Intra­netsuche, Enterprise-Search, E-Commerce-Suche und Suche auf Webseiten weiter aufzuwerten“, erklärte uns dazu Franz Kögl, Vorstand der IntraFind Software AG. Die Redaktion sprach mit ihm in diesem Kontext über die Evolution unternehmensweiter Suchprogramme. Kögl betonte dabei: „Für uns bildet Enterprise-Search das zentrale Rückgrat der modernen, zukunftsfähigen Informations- und Wissensinfrastruktur eines Unternehmens. Dafür kombiniert sie intelligente Suche mit „Natural Language Processing“ (NLP), Graphdatenbanken und Verfahren für tiefes Textverständnis. Die Anwender können na­tür­lich­sprachlich und umfassend in allen Datenquellen rechtegeprüft suchen und finden, egal, ob die Daten strukturiert oder unstruk­turiert vorliegen.“
Eine kognitive Suche mache nicht nur einzelne Begriffe findbar, sondern analysiert komplette Satzstrukturen. Damit ermöglicht sie die Verarbeitung natürlichsprachlicher Suchanfragen, ge­währleistet einen optimalen Erkenntnisgewinn aus Texten und kann kontextbezogen im Sinne der Suchanfrage korrekte Ergebnisse liefern.

Kögl fügt noch hinzu: „Die Relevanz wird damit deutlich verbessert, relevante Informationen stehen oben in der Trefferliste. Mittelfristig macht eine kognitive Suche eine Trefferliste aber sogar ganz überflüssig.“ Die kommenden Generationen an Enterprise-Search-Lösungen würden wohl als Conversational Systems und virtuelle Assistenten fungieren, die sich nutzerfreundlich, flexibel und unabhängig von einer Trefferliste einsetzen lassen. Dadurch werde die kognitive Suche zu einem wichtigen Bestandteil des digitalen Arbeitsplatzes. Für viele Unternehmen ist es eine Herausforderung, die passende Lösung für den digitalen Arbeitsplatz zu finden und zu implementieren. Mit welchen Methoden finden Unternehmen zum Beispiel die passende Lösung, die auch ihre Unternehmenskultur berücksichtigt?

Franz Gruhler von Sunzinet

Franz Gruhler von Sunzinet

Alex Gruhler, Geschäftsführer der sunzinet AG, erklärte uns dazu: „Wir empfehlen zunächst die ‚Screening-Phase‘. Diese unterteilt sich in Arbeitsplatzbeobachtungen, die quer durch das Unternehmen gehen. Vom CEO bis zum Facility-Manager und Frontline-Mitarbeiter an der Werkbank: Wie schaut der Arbeitsalltag aus, welche Probleme und Schmerzen gibt es, welche Abläufe prägen den Alltag, an welcher Stelle gibt es Bedürfnisse? Ein anderer Teil des Screenings betrifft das Ist-Bild der Systeme, der Tools und Services – sowohl der digitalen als auch der analogen. Denn ein Digital Workplace hat den Anspruch, alle Services unter einem Dach zu vereinen.“

Man kommt fast nicht mehr vorbei an Microsoft-Produkten im Hinblick auf Digital-Workplace-Lösungen. Der Konzern bietet umfassende Lösungen, die fast sämtliche Unternehmensbereiche und Anforderungen aus einer Hand abdecken. Aber woran liegt der Vormarsch des Konzerns? Microsoft gewinnt in Unternehmen jeglicher Größe tatsächlich immer mehr an Dominanz – ehemalige vergleichbare Kommunikationslösungen wie Lotus Notes verschwinden vom Markt und werden abgelöst durch Microsoft-Produkte. Einzig Google mit seinen Office-Lösungen darf sich als Nischen-Player hier noch behaupten. Nach Alex Gruhler gäbe es mehrere Gründe für die Vormachtstellung des Konzerns: „Microsoft hat mit Office 365 ein Ökosystem geschaffen, das kein anderer Wettbewerber in dem Umfeld in dieser Breite anbieten kann: Ein Software-Add-on-Marktplatz, der ähnlich funktioniert wie die Zusatzausstattung beim Auto. Wer für seine Mitarbeiter auf der Suche nach Ideenmanagement-Lösungen ist, nach Ur­laubsfreigabe-Tools und vielem mehr sucht, findet das passende Add-on und fügt es mehr oder weniger per Plug-and-play in seine Microsoft-Welt ein. Ein Killer-Vorteil! Nicht mehr aufwendiges Programmieren ist gefragt, sondern smartes Shoppen.“

Durch die individuellere Arbeitsweise wird mit einem Digital Workplace auch die Mitarbeiterzufriedenheit gefördert und die Motivation gesteigert: Arbeit findet zukünftig da statt, wo Menschen sich wohl fühlen und produktiv sind. Für Unternehmen bedeutet dies Effizienzsteigerungen sowie Vorteile im Wettbewerb um die vielversprechendsten Talente.
Oliver Bendig, CEO der Matrix42 AG, warnt davor, „Future of Work“-Initiativen aus einer reinen IT-Perspektive zu betrachten. Ein weiteres Problem sieht er darin, dass viele Unternehmen mit dem Thema „Future of Work“ nur eine Mobile-Initiative verbinden, was zu einer falschen Herangehensweise führt. „Wenn ich sage, ich möchte modern den Arbeitsplatz der Zukunft realisieren, damit meine Mitarbeiter flexibel und agil auf Veränderungen reagieren können, dann muss ich in der Regel auch meine Organisationstruktur verändern. Ich habe dann ein agileres Unternehmen mit flacheren Hierarchien, die Experimente ermöglichen und eine Build-measure-learn-Kultur etablieren – weg von plan-build-run.“ Erst dann kommt – automatisch – auch der Technologieteil samt Homeoffice, dem Einführen mobiler Geräte und Möglichkeiten, mit Zugriff auf Applikationen, Daten und E-Mails von überall zu arbeiten.

Gig-Economy – Recruiting und Plattformen für HR

Die Gig-Economy ist gerade dabei, unseren Arbeitsmarkt und unser tradiertes Verständ­nis von Arbeit nachhaltig zu verändern. Die neue Arbeitsform bezeichnet einen Teil des Arbeitsmarktes, bei dem kleine Aufträge kurzfristig an unabhängige Selbstständige, Freiberufler oder geringfügig Beschäftigte vergeben werden. Dabei dient häufig eine Onlineplattform als Mitt­ler zwischen Kunde und Auftragnehmer. Alle sind sich ziemlich sicher, dass unsere traditionellen „Nine to five“-Arbeitstage abgelöst werden. Das Transformationspotenzial der neuen Arbeitsform ist groß. Besonderes Merkmal der Gig-Economy ist vor allem ihre Kurzfristigkeit.

Aber was bedeutet dieses Szenario für Unternehmen und ihre HR-Abteilungen? Auf jeden Fall werden die Onboarding-Prozesse neuer Mitarbeiter, Freiberufler oder Projektbeteiligter zunehmen. Beispielhaft beschreibt es Wieland Volkert von PeopleDoc: „Durch die Vielzahl der Freiberufler wächst ent­sprechend der administrative Aufwand innerhalb der Personalabteilung, zumal sich die grundlegenden Abläufe vom On- bis zum Offboarding nicht we­sent­lich von denen eines klassischen Arbeitsverhältnisses unterscheiden.“ Es lohnt sich also, in Zukunft Onboarding-Prozesse zu standardisieren und zu automatisieren. Wieland Volkert verrät uns da­zu: „Mithilfe textbasierter Dialogsysteme können Anwendungen mit­einander kommunizieren und Aktionen selbstständig ausführen. So ist es möglich, das Onboarding komplett zu automatisieren.“

Prof. Dr. Uwe Kanning

Prof. Dr. Uwe Kanning

„Robotic Process Auto­ma­tion“ (RPA) rückt von Tag zu Tag stär­ker in den Fokus von Unternehmen, insbesondere von Dienstleistern. Im Gegensatz zum Menschen sind RPA-Bots immer aktiv. Der Prozess startet sofort, wird anwendungsübergreifend ausgeführt; Daten werden über mehrere Systeme hinweg aktualisiert. Nichts wird auf die lange Bank geschoben, schlampig ausgeführt oder vergessen. „RPA-Bots bilden eine wichtige Grundlage zur Optimierung des maschinengestütz­ten Lernens und für neue Anwendungen im Umfeld der künstlichen Intelligenz. Kurzum: RPA ist für moderne Personalmanagementlösungen un­ver­zicht­bar“, betonte Wieland Volkert. Aber auch das Recruiting erfährt im Kontext der Automatisierung neue Mög­lichkeiten. Einer der Hauptvorteile der Recruiting-Automatisierung ist die Steigerung der Produktivität. Ein weiterer Vorteil der Recruiting-Automatisierung ist die Möglichkeit, Kandidaten auf einfachere Weise zu pflegen. Durch automatisierte E-Mails und Newsletter können Personaler mit mehr potenziellen Kandidaten in Kontakt bleiben, ohne dass sie für jeden Einzelnen einen individuellen Prozess erstellen müssen.

Die neusten Trends im Recruiting hat für uns der HR-Experte Frank Rechsteiner ausgemacht: „Ein Beispiel dafür ist Active Sourcing, also die proaktive Recherche und Ansprache potenzieller Mitarbeiter im Rahmen von Social Media, Karriere-Netzwerken, Messen und unternehmenseigenen Talent-Pools. Ziel ist es, eine langfristige Beziehung zu interessanten Kandidaten aufzubauen, um sie bei Bedarf für neu entstehende Vakanzen zu gewinnen.“ Er fährt fort: „Mit Content-Recruiting betreiben die Arbeitgeber keine Selbstdarstellung mehr. Sie verwenden Blogs, Infografiken, Videos, Whitepaper, Studien, Experteninterviews und Gewinnspiele, um die Bewerber mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten auf sich aufmerksam zu machen und zur Kontaktaufnahme zu motivieren. Immer beliebter wird auch das Influencer- Recruiting, in dessen Rahmen die eigenen Mitarbeiter nach außen als Markenbotschafter wirken, was erfahrungs­gemäß mehr bringt als sämtliche Argumente im Bewerbungsgespräch.“

Das Recruiting der Zukunft lebt von Automatisierung, aber schlaue Algorithmen können sich auch negativ auf das Recruiting auswirken, meint Prof. Dr. Uwe Peter Kanning im Gespräch mit der Redaktion. „Auch juristisch ist der Einsatz der künstlichen Intelligenz keineswegs unproblematisch. Der Gesetzgeber verbietet die wahllose Sammlung von Informationen, die letztlich keinen Bezug zur beruflichen Leistung aufweisen. Darüber hinaus ist es nicht zulässig, Auswahlentscheidungen allein von einem Computer treffen zu lassen.“ Kanning erklärt weiter: „Erste bislang noch nicht veröffentlichte Studien zeigen überdies, dass der Einsatz der künstlichen Intelligenz dem Ansehen des Unternehmens in den Augen der Bewerber schadet. Dies ist insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels mehr als bedenklich. Viele Unternehmen bemühen sich heute in besonderer Weise darum, ein positives Bild von sich zu zeichnen. Der Einsatz der künstlichen Intelligenz konterkariert diese Bemühun­gen“, betonte der Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Nicht nur neue Mitarbeiter bringen Know-how ins Unternehmen, ebenso ist das Wissen der Mitarbeitenden und das Wissen über die Mitarbeiter heute wettbewerbsrelevant.

Der Trend Supervisor Torsten Rehder von Trendone rät dazu: „Kümmern Sie sich um Ihre Daten! Welche Daten liegen bereits vor und in welcher Form. Damit haben Unternehmen in der Regel schon mal gut zu tun. Und dann erste konkrete Projekte initiieren: Greifen Sie sich ein ganz spezielles Problem oder Thema heraus. Dieses sollte nicht zu groß sein. Ein Beispiel im HR-Bereich könnte sein, die Skills der Mitarbeiter systematisch zu identifizieren und zugänglich zu machen. Ein konkretes Projekt wäre dann, die von den Mitarbeitern verfassten Publikationen und internen Reports automatisiert nach Schlüsselbegriffen zu filtern und den Mitarbeiterprofilen anschließend ihre Expertisefelder zuzuordnen. Wir merken in Projekten immer wieder, dass viele Unternehmen gar nicht wissen, was sie schon alles wissen.“

Ob die digitale Personalakte oder Employee-Self-Service-Anwendungen, moderne Cloud-HR-Plattformen decken bereits viele Funktionalitäten ab. Wichtig dabei ist es, die rechtlichen Regularien und Anforderungen der EU-DSGVO zu bewältigen. Für die Personalabteilung bedeutet dies ein deut­liches Mehr an Aufwand, der mit der klassischen Personalakte aus Papier kaum noch zu bewältigen sein dürfte. „Digitale Personalakten“, empfiehlt Wieland Volkert, „verbessern die Qualität der Personalabteilung, die Zufriedenheit der Mitarbeiter und den Schutz vor Verstößen gegen die EU-DSGVO.“

Das Büro als zentraler Eckpfeiler

Burkhard Remmers von Wilkhahn

Burkhard Remmers von Wilkhahn

Wie sehr agile Arbeitsmethoden und Kulturen Büros verändern, sieht man momentan auch an den Einrichtungsserien und Einrichtungselementen der Büromöbelbranche. Frei nach dem Motto „Standardisierte Arbeitsabläufe waren gestern, flexible Strukturen sind die Zukunft“ bringt die Branche neue Einrichtungslösungen für agile Arbeitsumgebungen hervor.
Gerade die Treiber der Digitalwirtschaft investieren enorm in die Gestaltung ihrer analogen Bürowelten. Selbst frühe Pioniere von Homeoffice-Lösungen beordern in großem Stil Mitarbeiter zurück ins Büro. Die Begründung: Früher sei es primär um Arbeitsprozesse gegangen, die zu Hause ebenso gut oder besser erledigt werden konnten. Heute stünden durch den dynamischen Wandel der Märkte Innovation und Veränderung im Fokus. Und das erfordere Qualitäten der Kommunikation und Kooperation, wie sie nur bei der persönlichen Begegnung gegeben seien. Burkhard Remmers vom deutschen Möbelhersteller Wilkhahn betonte in diesem Kontext: „Deshalb steht die Förderung unterschiedlicher Formen der Zusammenarbeit im Zentrum der Bürogestaltung. Konferenzen, Sitzun­gen, Seminare und Workshops werden geplant, organisiert und sind in der Regel in entsprechend buchbaren Räumen verortet, deren Zahl entsprechend stark zugenommen hat. Neben formalisierten Kommunikationsformen wird die ungeplante, zufällige Begegnung wichtiger. Das Büro verändert sich also, aber es bleibt der zentrale Bezugsrahmen!“ Im Homeoffice kann man anscheinend keine Karriere mehr machen. Aber wie sehen nun die digitalen und smarten Helfer für agile Büros aus? Das Schweizer Unternehmen Roomz SA bietet z. B. eine einfach zu installierende digitale Raumbeschriftungs-Lösung an.

Thomas Freiherr, ROOMZ

Thomas Freiherr, ROOMZ

Warum? Viele Mitarbeitende verlieren enorm viel Zeit mit der Suche nach einem freien Besprechungsraum. Oft sind laut den Einträgen im Intranet alle Meetingräume belegt, geht man aber den Flur entlang, stellt man fest, dass ein großer Prozentsatz nicht belegt ist. Eine innovative digitale Raumbeschriftung verhindert solche Missstände: „Wenn ein Raum frei ist, kann man ihn ad hoc benutzen, indem man den Raum direkt am Display für eine bestimmte Zeit reserviert. Wenn ein Meeting in einem reservierten Raum früher beendet ist, gibt man den Raum wieder frei“, erklärte uns dazu Thomas Freiherr, Salesmanager der Roomz SA.

Mithilfe eines Raumsensors lässt sich zum einen die Anzahl an Ghostmeetings drastisch reduzieren, zum anderen erhält der Kunde aber auch interessante Analysen über die Auslastung seiner Meetingräume. So kann mithilfe des Sensors für jeden einzelnen Raum feststellt werden, wie viele Meetings gebucht wurden und wie viele tatsächlich stattgefunden haben. Zusätzlich können weitere Informationen geliefert werden, wie zum Beispiel die Durchschnittsdauer der Meetings, wann die Meetings im System gebucht werden oder wie oft die Funktion „Instant-Book“ genutzt wird.

Moderne Kommunikationslösungen sind gefragter denn je, um die Agilität im Team zu unterstützen, und offene Bürolandschaften sind en vogue – aber wie sollte der Meeting-Bereich für effektive und zuverlässige Videokonferenzlösungen heute ausgestattet sein?
„Mit den modernen Büroumgebungen gibt es heute die verschiedensten Szenarien und Raumkonzepte, und in allen spielen Videokonferenz- und Collaborationlösungen eine Rolle. Das reicht vom kleinsten Meetingraum, dem sogenannten Huddle-Room, bis hin zum größeren Konferenzraum“, erklärte uns im Hintergrundgespräch Anne Marie Ginn von Logitech.

Anne Marie Ginn von Logitech

Anne Marie Ginn von Logitech

Ginn betonte dabei: „Videokommunikation betrifft heute alle Mitarbeiter eines Unternehmens und so gehört der eine große, der Geschäfts­führung vorbehaltene Konferenzraum mit einem komplexen, teuren Präsenzsystem definitiv der Vergangenheit an. Moderne Lösungen müssen auf die Umgebungen, in denen sie eingesetzt werden, abgestimmt sein. Das zeigt sich gerade mit Blick auf die ganz kleinen Räume.“ Diese würden nach Kameras verlangen, die mit einem weiten Blickfeld alle Teilnehmer einfangen können, egal wie nah diese vor der Linse sitzen. Auch die Audiokomponenten müssen entsprechend abgestimmt werden. Für Teams und damit für die Endnutzer sollte die Implementierung und die Handhabung so einfach wie möglich sein. „Die Geräte müssen innerhalb weniger Augenblicke startklar und, besonders wichtig, mit allen gängigen cloudbasierten Video- und Collaborationanwendungen kompatibel sein“, so Anne Marie Ginn. 

von Bernhard Haselbauer

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
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