F&E 4.0: Flexibel

Im Zeitalter der Digitalisierung gilt für Forschung & Entwicklungsabteilungen von Hochtechnologieunternehmen in besonderem Maße, dass diese vernetzt arbeiten und noch viel mehr als früher flexibel auf neue Anforderungen reagieren müssen. Neben z.B. allgemein immer kürzeren Produktlebenszyklen und Innovationszyklen kommen mittlerweile auch z.B. Anforderungen der Endkunden in der Anwendung der Produkte. So werden Smart-Products immer häufiger mit Sensorik ausgestattet, bestimmte Features aber erst nachträglich freigeschaltet.

In diesem Zuge sprach die TREND-REPORT-Redaktion mit Dr. Stefan Wenzel und Dr. Armin Schulz von der Managementberatung 3DSE über Veränderungsprozesse in Forschung- & Entwicklungsabteilungen. Dieser Teil der Interviewreihe widmet sich der geforderten Flexibilität.

Dr. Schulz:

Dr. Schulz: „Unternehmen müssen die Fähigkeit haben, sich aus ihrer heutigen dominanten Logik zu lösen und Ansätze neu zu denken. Eng damit verbunden ist die Fähigkeit, sich als Unternehmen selbst in Frage zu stellen, d.h. an der eigenen Disruption zu arbeiten.“

Herr Dr. Schulz, welche Rolle nehmen inzwischen die Virtual Reality (VR) und die Augmented Reality (AR)-Technologien für die F&E-Abteilung ein?
Virtual und Augmented Reality Technologien werden im Zuge des digital engineering immer wichtiger. Virtuelle Entwicklung mit einer frühen Beurteilung und damit Validierung von Konzepten, eine schnelle Integration, die Reduzierung oder gar Verzicht auf teure, aufwändig sowie langwierig aufzubauende HW-Prototypen ist ohne diese Technologien nicht denkbar. Leider dominiert in vielen Unternehmen immer noch der „HW-Pfad“ den Entwicklungsablauf. Der Entwicklungsprozess wird noch nicht konsequent genug um den „virtuellen Pfad“ herum aufgebaut. Entwickler sind es gewohnt in Hardware zu gehen, um ihre Konzepte abzusichern. Es fehlt teilweise noch die Fähigkeit und Erfahrung, Dinge ganz ohne Hardware umzusetzen. Viele Unternehmen haben aber die Wichtigkeit und das Potenzial des „digital twins“ erkannt und begonnen, konsequent in diese Richtung zu gehen. Hier steckt aber noch enormes Potenzial.

Welche Schlüsselfertigkeiten benötigen Unternehmen, um erfolgreich digitale, vernetzte Geschäftsmodelle zu entwickeln?
Ich glaube, dass hierfür vier Schlüsselfähigkeiten notwendig sind. Zunächst muss das Unternehmen eine absolute Fokussierung auf den Kunden und die zu lösenden Kundenprobleme haben. Organisationen mit bestehenden Produkten neigen im Laufe der Zeit dazu, diese Fokussierung immer mehr zu verlieren und das eigene Produkt in den Mittelpunkt zu stellen, um es immer wieder inkrementell weiterzuentwickeln. Irgendwann ist aber das Kundenproblem möglicherweise ein ganz anderes oder eine ganz andere Lösung für das Kundenproblem ist denkbar. Dann beginnen die Probleme. Wer das Buch „The Innovators Dilemma“ von Christensen gelesen hat, weiß wovon ich spreche. Ich empfehle allen, dieses Buch zu lesen. Zum zweiten muss das Unternehmen die Fähigkeit haben, sich aus seiner heutigen dominanten Logik zu lösen und Ansätze neu zu denken. Ist ein Auto mit vier Rädern und Verbrenner in einer Metropolregion die beste Lösung, um eine Person von A nach B zu transportieren? Eng damit verbunden ist die Fähigkeit, sich als Unternehmen selbst in Frage zu stellen, d.h. an der eigenen Disruption zu arbeiten. Was würde man als Start-up tun, um ein etabliertes Unternehmen anzugreifen? Dabei darf nichts zu verrückt sein, denn irgendwann ist die Zeit vielleicht reif dafür. Je eher man solche Risiken selbst erkennt, desto eher ist man in der Lage, sich darauf vorzubereiten. Zuletzt muss ein Unternehmen in der Lage sein, nicht mehr in einzelnen Produkten oder Diensten zu denken, sondern in Ökosystemen und Plattfomen, also einem Zusammenspiel von Produkten und Diensten auch von anderen. Das entscheidende ist dann sich in einem solchen Ökosystem selbst eine dominante Position zu verschaffen.

Herr Dr. Wenzel, wodurch wird sich in Zukunft der Wert einer Innovation, eines Systems, bemessen lassen?

Dr. Wenzel:

Dr. Wenzel: „Digitale Geschäftsmodelle und neue datengetriebene Technologien ermöglichen eine bessere Prognose des Kundenverhaltens und die deutlich schnellere Adaption eines Geschäftsmodells oder einer Dienstleistung auf veränderte Bedürfnisse.“

Der Wert einer Innovation wird sich auch in Zukunft an dem Mehrwert bemessen, den die Kunden und Nutzer rational und vor allem emotional empfinden und bezahlen. Daran ändert sich nichts. Was sich ändert, ist wie (schnell) dieser Mehrwert erzeugt werden kann. Digitale Geschäftsmodelle und neue datengetriebene Technologien ermöglichen eine bessere Prognose des Kundenverhaltens und die deutlich schnellere Adaption eines Geschäftsmodells oder einer Dienstleistung auf veränderte Bedürfnisse. Des Weiteren liegt der Mehrwert in Zukunft viel stärker in dem digitalen Erlebnis des Nutzers. Dies formt sich aus dem gelungenem und einfachem Zusammenspiel unterschiedlicher smarter Produkte, Services und Plattformen. Dies hat den Wandel von Kunden-/Lieferantenbeziehungen zu partnerschaftlichen Zusammenarbeitsmodellen und flexiblen Arbeitsmodellen zu Folge.

Was kann die klassische F&E von digitalen Start-ups lernen?
Das ist eine sehr interessante Frage, die tatsächlich oft gestellt wird, aber gar nicht so einfach zu beantworten ist. Viele Unternehmen machen den Fehler sich Start-ups anzusehen, die Verhaltensmuster zu identifizieren und eins zu eins auf sich zu übertragen. Dabei muss allerdings das Bewusstsein vorhanden sein, dass Start-ups ganz andere Rahmenbedingungen und eine andere Kultur haben, als ein großes, etabliertes Unternehmen. Die Strukturen und Muster funktionieren gerade auf Grund dieser Kultur und Rahmenbedingungen, aber nicht ohne diese. So finanziert sich ein Start-up in der Regel von Finanzierungsrunde zu Finanzierungsrunde. Das zwingt das Start-up dazu, sich absolut auf die essentielle Funktionalität im Produkt zu konzentrieren und alles Überflüssige wegzulassen, um die Investoren von der nächsten Finanzierungsrunde zu überzeugen. Des Weiteren sind im Start-up Mitarbeiter vor allem über die Perspektive und oftmals auch Anteile am Unternehmen motiviert und setzen alles daran, Erfolg zu haben. Das sind Rahmenbedingungen, die in einem großen etablierten Unternehmen in der Regel nicht vorzufinden sind.
Grundsätzlich können aber natürlich Anleihen genommen werden. Schlanke und schnelle Entscheidungsstrukturen, Risikobereitschaft, hohe Kundenorientierung, die Fähigkeit schnell zu lernen, um einige zu nennen. Wem es gelingt, einige der Fähigkeiten von Start-ups bei sich in Verbindung mit den Vorteilen einer großen, skalierbaren Organisation zu kombinieren, der wird sicherlich Vorteile haben. „Think like a start-up, act like a grown up” wie es einer unserer Kunden als Leitlinie etabliert hat.

Die weiteren Termine der Interviewreihe sind am 16. April („Flexibel“) und 7. Mai („Agil). Hier geht es zur Übersichtsseite.

Weitere Informationen zu den Themen der Interviewreihe sowie spannende Vorträge und anregende Diskussionen dazu erwarten Sie auch auf der 3DSE F&E Leitkonferenz am 24. Mai in der BMW Welt in München.

Die Veranstaltung im Fokus

Worum geht es auf der F&E Leitkonferenz 2019?
Die F&E Leitkonferenz 2019 steht unter dem Thema „F&E 4.0 – smart, agil und flexibel?“.
Im digitalen Zeitalter ist Industrie 4.0 der Sammelbegriff für hochvernetzte und intelligente Unternehmen, die digitale Schlüsseltechnologien nutzen, um erhebliche Wettbewerbsvorteile zu erwirtschaften. Wie wird in diesem Kontext die F&E 4.0, eine hochvernetzte und intelligente F&E der Zukunft aussehen?
Im Zentrum der Fachvorträge und Diskussionen stehen folgende Kernfragen:

  • Welche Rolle spielen agile Ansätze in einer F&E 4.0? Sind diese das neue Paradigma?
  • Welche Potenziale eröffnen digitale Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz u. a. für eine F&E 4.0?
  • Welche klassischen Ansätze werden bestehen bleiben, welche neuen Ansätze werden dazukommen?
  • Welche Bedeutung werden Agilität, Flexibilität und „Smartness“ haben?

Welche Fachexperten konnten Sie für Ihre Schwerpunkt-Vorträge gewinnen?
Für unsere F&E Leitkonferenz 2019 konnten wir hochkarätige F&E-Experten führender Unternehmen gewinnen. Besonders ist dabei der breit gefächerte Branchenmix. Wir freuen uns unter anderem Andreas Hille (Executive Vice President für den Bereich Product Management und Engineering der Palfinger AG), Dr. Andreas Goppelt (CTO des Medizintechnikherstellers Ottobock SE & Co KGaA), Dr. Tobias Abeln (CTO der EOS GmbH, dem führenden Technologieanbieter für industriellen 3D-Druck) sowie Dr. Markus Braunsperger (CTO des weltweit größten Motorradherstellers Hero MotoCorp Ltd) als Referenten begrüßen zu dürfen. Die aktuelle Übersicht über alle Referenten wird kontinuierlich auf der Konferenz-Website bereitgestellt.

Welche Besucherzielgruppen sprechen Sie an und wen trifft man so auf der F&E Leitkonferenz 2019?
Die F&E Leitkonferenz richtet sich an hochrangige Führungskräfte und Entscheider der F&E aus Hochtechnologiebranchen wie Automobil, Nutz-/Schienenfahrzeuge, Luft-/Raumfahrt/Verteidigung, Maschinen-/Anlagenbau, Elektronik, Consumer Electronics, Telekommunikation, IT und Software, Energie/Utilities und Health Tech.

Was erwartet die Besucher der F&E Leitkonferenz 2019?
Auf der F&E Leitkonferenz 2019 wollen wir den State-of-the-Art und die zukünftigen Herausforderungen der F&E einer kritischen Betrachtung und Diskussion unterziehen. Gemeinsam mit anderen Top Entscheidern und Führungskräften aus der F&E wollen wir Impulse geben, intensiv diskutieren und Antworten liefern auf die drängenden Fragen zur Zukunft der F&E.

Wie können sich Unternehmen an der F&E Leitkonferenz 2019 beteiligen?
Unternehmen können sich durch die Anmeldung und damit die aktive Teilnahme ihrer F&E Führungskräfte an der F&E Leitkonferenz 2019 beteiligen.

Und welche Vorteile haben die Teilnehmer davon?
Die Vorteile für die Teilnehmer der F&E Leitkonferenz lassen sich in drei Aspekte gliedern:

  1. Am Puls der F&E: Die 3DSE F&E Leitkonferenz ist Deutschlands einzige Digitalisierungs-Konferenz mit Fokus auf Forschung und Entwicklung. Welche Auswirkungen haben die Facetten der Digitalisierung und Vernetzung speziell auf die F&E? Genau hier setzt die 3DSE F&E Leitkonferenz an und unterzieht den State-of-the-Art der F&E einer kritischen 360 Grad Betrachtung im Spiegel aktueller und zukünftiger Herausforderungen.
  2. Networking über Branchengrenzen hinweg: Wie werden digitale Herausforderungen in der F&E anderer Branchen angegangen? Welche Best Practices lassen sich auf die eigene Branche übertragen? Auf der 3DSE Leitkonferenz haben Teilnehmer die Möglichkeit andere hochrangige F&E Entscheider aus verschiedenen Hochtechnologiebranchen zu treffen, Erfahrungen auszutauschen, aktuelle Trends zu diskutieren und sich zu vernetzen.
  3. Wegweisende Impulse zu brandaktuellen Themen: Die 3DSE Leitkonferenz widmet sich in jedem Jahr einem anderen brandaktuellen, zukunftweisenden Thema aus dem Bereich „Schlüsseltrend Digitalisierung und Vernetzung in der F&E“. Hochkarätige Referenten geben in ihren Vorträgen exklusive Einblicke in die eigene Praxis im Umgang mit diesen Themen. Teilnehmer erhalten so die Gelegenheit, die Digitalisierung der F&E aus einer Vielfalt verschiedener Perspektiven zu begreifen, um daraus wegweißende Impulse für die eigene Arbeit abzuleiten.

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
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